Hilfe für die Gelbe Tonne: Abfälle zu Ressourcen

Eine bloße Reform der Verpackungsverordnung reicht nicht. Die Grünen fordern ein radikales Umdenken: von der Abfall- zur Ressourcenpolitik.

Ab jetzt wird dokumentiert, was da reinkommt. : dpa

BERLIN taz Die gelbe Tonne soll gerettet werden. Am 1. Januar 2009 tritt die fünfte Novelle der Verpackungsverordnung in Kraft, die unter anderem dieses System des Abfall-Recyclings erhalten soll. Ab dann müssen alle Hersteller dokumentieren, wie viele Tüten, Tuben, Flaschen und sonstige Hüllen sie auf den Markt bringen. Und sie müssen die Kosten für die Entsorgung über die Gelbe Tonne übernehmen. Rechtskräftig ist die fünfte Novelle, seit sie vor einer Woche im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist. Und schon denken die Abfall- und Kreislaufwirtschaftsexperten über die sechste nach. Viel zu halbherzig, finden die Grünen: Sie fordern, die "überholte Verpackungsverordnung" lieber ganz abzuschaffen - und durch eine "ökologisch orientierte Wertstoffverordnung" zu ersetzen. Einen entsprechenden Antrag haben sie jetzt am Donnerstagabend in den Bundestag eingebracht. Die Verpackungsverordnung stammt aus dem Jahr 1991 und ergänzt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Sie sollte dafür sorgen, dass Verpackungsabfälle möglichst umfassend eingesammelt und wiederverwendet oder verwertet werden. Für die Kosten müssen die Hersteller und Händler aufkommen: Sie zahlen Lizenzgebühren an eines der so genannten Dualen Systeme, die dann das Sammeln und Verwerten übernehmen. Das sollte dazu führen, den Materialverbrauch für Verpackungen zu verringern, die Ressourcen effizienter einzusetzen und die Umwelt weniger zu belasten. Verbindliche Verwertungsquoten gibt es allerdings nur für Verpackungen, die beim Endverbraucher anfallen, nicht für Kartons, Kunststoff- oder Blechgebinde, die im Gewerbe anfallen. Ökologisch hat die Verordnung trotz der Vielzahl von Novellen wenig gebracht, da sind sich Umweltpolitiker und Experten aus Verbänden und Wissenschaft einig. Ihre Auswirkungen waren vor allem wirtschaftlich - und mittelstandsfeindlich: Die flächendeckende Sammlung über die Gelbe Tonne machte regionale Rücknahmesysteme im Handel überflüssig. Das vergrößerte dessen Verkaufsflächen und förderte die Konzentration. Die erhoffte umweltpolitische Lenkungswirkung der Lizenzgebühren blieb aus: Nur kurzzeitig setzten die Hersteller weniger Material für die Verpackungen ein, inzwischen sind diese längst wieder aufwändiger und umweltbelastender geworden. "Unter Produktverantwortung wird nicht die Verantwortung für die Produktion eines ressourcenschonenden Produkts verstanden", heißt es im Antrag der Grünen, "sondern lediglich die Entrichtung einer Entsorgungsgebühr". Das sei nichts anderes als moderner Ablasshandel. Damit habe die Verpackungsverordnung ihr wesentliches Ziel verfehlt. "Es gibt zwei systembedingte Schwächen", sagt Michael Weltzin, Grünen-Referent für Kreislaufwirtschaft: Die Verordnung bietet keine Anreiz, Abfälle zu vermeiden, und sie erfasst nur Verpackungen. Vor allem der zweite Punkt macht das System für viele Verbraucher bis heute kaum nachvollziehbar. Ihnen erschließt sich nicht, wieso eine Weichspülerflasche aus Kunststoff in die Gelbe Tonne gehört, eine Gießkanne aus dem gleichen Material aber in den Restmüll. Und das übrigens auch nicht mehr immer: Mit der letzten Novelle ist es den Kommunen freigestellt, ob sie solche "stoffgleichen Nichtverpackungen" doch mitsammeln wollen. Dann sind aber sie diejenigen, die die Dualen Systeme für Sammlung und Verwertung bezahlen müssen, denn die Produktverantwortung der Hersteller endet hier immer noch bei der Verpackung. Die Grünen wollen diese "Rumflickerei" beenden. "Wer Abfallpolitik wirklich als Ressourcenpolitik versteht, der muss dafür sorgen, dass mehr Rohstoffe in den Wirtschaftskreislauf zurückkommen können", schreiben sie in ihren "Eckpunkten einer grünen Wertstoffverordnung". Danach soll der Hersteller nicht mehr nur für seine Verpackungen verantwortlich sein, sondern für alle Wertstoffe, die er auf den Markt bringt. "Wir brauchen Definitionen, was als Wertstoff anzusehen ist", sagt Weltzin. "Und Recyclingquoten für jeden." Wie die Wertstoffe erfasst werden - ob in getrennten Tonnen oder ob sie später maschinell sortiert werden - , sollen die Kommunen entscheiden. Auch die Ausschreibung der Sammlung und Verwertung soll wieder in ihren Verantwortungsbereich fallen. Ökologische und soziale Standards sollen von einer neuen öffentlich-rechtlichen Ressourcenagentur festgelegt werden. Diese legt auch die Ressourcenabgaben fest, die die Hersteller statt der bisherigen Lizenzgebühren zahlen müssen. Grundsätzlich unterstützt wird der Antrag von der Linksfraktion, die die jüngste Novelle der Bundesregierung ebenfalls für "eine vertane Chance" hält, die weder aus Verbrauchersicht, nocn ökologisch oder ökonomisch Sinn ergebe. "Wir sind sehr dafür, aus der Verpackungsverordnung eine ökologische Wertstoffverordnung zu machen", so die umweltpolitische Sprecherin Eva Bulling-Schröter.

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