Hildebrand wird Hoffenheim-Torwart: Der erste Star im Kraichgau
Mit Torwart Timo Hildebrand wird der erste Star zur TSG 1899 Hoffenheim gelotst. Der ehemalige Nationalkeeper ist der Wunschkandidat des Aufsteigers aus dem Kraichgau.
Am Dienstagnachmittag saß Ralf Rangnick einem großen Irrtum auf. Er freue sich, sagte der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim nach dem Training, dass er seine Mannschaft nach den Aufregungen ums Bayern-Spiel nun in Ruhe auf die abschließende Vorrundenpartie am kommenden Sonntag gegen seinen ehemaligen Klub Schalke 04 vorbereiten könne.
Doch schon am Dienstagabend war es vorbei mit der Ruhe in Hoffenheim. Eine Zeitung meldete, was die Spatzen in Nordbaden immer lauter von den Dächern pfiffen: Torhüter Timo Hildebrand, der vergangenen Donnerstag seinen Vertrag beim FC Valencia aufgelöst hatte, wird zur Rückrunde den Aufsteiger verstärken. Nach der Zeitungsmeldung konnte der Klub die Information auch vor seiner aktuellen Nummer eins, Daniel Haas, nicht mehr verheimlichen. Am Mittwochmorgen informierten Rangnick und Manager Jan Schindelmeiser vorab die Mannschaft, bevor um 11.21 Uhr die Medien via E-Mail zur Pressekonferenz am späten Nachmittag geladen wurden. Als Timo Hildebrand schließlich in Hoffenheim vorgestellt wurde, herrschte dort fast ein Gedränge wie vorm Bayern-Spiel.
Wer will, mag diesen Transfer als Sensation bezeichnen. Für die Hoffenheimer und für Hildebrand selbst aber ist er sinnvoll. Einzig der Zeitpunkt passt den Verantwortlichen des Tabellenführers nicht, die die Verpflichtung gerne nach dem Schalke-Spiel bekannt gegeben hätten, um Daniel Haas nicht zu verunsichern. Schon länger wurde die Besetzung der Torwartposition als einziger Schwachpunkt im Kader der neuen Branchengröße erkannt. Haas hatte nach dem Spiel bei Werder Bremen den unsicheren Ramazan Öczan als Nummer eins abgelöst, der sich nun wohl einen neuen Verein suchen kann.
Der 25-jährige Haas konnte in seinen zehn Liga-Einsätzen die Zweifel an seiner Tauglichkeit für eine Spitzenmannschaft nicht entkräften. Grobe Fehler kann man ihm nicht vorwerfen, aber sein Spiel war immer wieder von Unsicherheiten und kleinen Fehlern geprägt. Vom 29 Jahre alten Hildebrand erwartet man sich mehr Souveränität und mehr Klasse. Intern galt der einflussreiche Bernhard Peters, Direktor für Sport- und Nachwuchsförderung, schon lange als Befürworter einer Verpflichtung eines gestandenen Torhüters.
Schon im Sommer wurde Hildebrand, der vor acht Jahren unter Rangnick sein Debüt als Bundesligatorhüter beim VfB Stuttgart feierte, den Hoffenheimern angeboten. Damals irritierte die Hoffenheimer Macher aber, dass Hildebrands damaliger Berater Dusan Bukovac seinen in Valencia unglücklichen Klienten auch bei anderen Bundesligisten feilbot. Nun kehrt Hildebrand, der am 24. August gegen Real Madrid zum letzten Mal in Spanien zwischen den Pfosten stand, ablösefrei und mit neuem Beraterstab zurück nach Deutschland. Ab Januar ist er die Nummer eins in Hoffenheim.
Für Hildebrand, der nach der Meisterschaft 2007 mit dem VfB Stuttgart trotz aller Warnungen nach Valencia gewechselt war, bietet der Job in Hoffenheim die Chance, sich wieder für die Nationalmannschaft zu empfehlen. Kurz vor der EM wurde er von Bundestrainer Joachim Löw aus dem Kader gestrichen, worauf Hildebrand dem Trainer vorwarf, nicht nach Leistung zu gehen. Nach zwei schwachen Auftritten im spanischen Supercup gegen Real wurde Hildebrand zu Beginn dieser Saison in Valencia von den Medien endgültig zum Sündenbock gestempelt und verlor seinen Platz an den neuen Torwart Renan Brito.
Letzte Woche nun löste Hildebrand seinen bis 2011 laufenden Kontrakt in Valencia auf, Ende November trennte er sich von seinen Beratern. Jetzt wird er unter anderem vom Beckenbauer-Berater Marcus Höfl gemanagt. Für die Vermarktung Hildebrands ist der ehemalige Tennisprofi Florian Krumrey verantwortlich. Hildebrand ist der erste Star im Kraichgau, aber er ist vor allem ein weiterer Baustein, um die talentierte Mannschaft noch besser zu machen. Und die Verpflichtung macht deutlich, dass Hoffenheim ein ernst zu nehmender Rivale der Bayern im Kampf um die Meisterschaft ist. Wenigstens das werden sie in Hoffenheim nun nur noch schwer bestreiten können.
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