Heute : Endlich live in Berlin: Isabelle Aubret mit Chansons von Brel
Die Welt ist ungerecht, und als Beleg für diese These mag auch gelten, dass die Sängerin, die heute eines ihrer raren Livegastspiele jenseits ihrer französischen Heimat gibt, nie den „O là là“-haften Ruf genoss wie beispielsweise Juliette Gréco oder Georges Brassens. Jene stehen für die Tradition des Chansons, der hierzulande stets (miss-)verstanden wurde als Lied mit wichtiger Aussage: Isabelle Aubret heißt die Frau, die zu wenig beachtet wurde, denn sie hätte mehr Respekt verdient. Die Tochter so genannt einfacher Leute aus der Provinz gewann 1962 mit „Un premier amour“ den Grand Prix Eurovision, ein geschmackvoll vorgetragenes Lied, das sehr Aubret-haft traurig dargebracht wurde. Ansonsten hat die heute 65-Jährige sich um die Lieder berühmter Kollegen verdient gemacht: Jean Ferrat, in den Sechzigern wichtigster Chanteur der kommunistischen Linken, hat sie zu seiner Muse gemacht. Aber weil Ferrat (und seine literarisch inspirierten Geschichten) nicht so bekannt ist wie der Belgier Jacques Brel, singt die Aubret öffentlich vorwiegend Couplets wie „Ne me quitte pas“, „Quand on n’a que l’amour“ oder „Le plat pays“. Toll ist, dass der Tränenpalast überhaupt der großen Geheimnisvollen des französischen Liedguts ein Forum gibt. JAF