: Heute sollen die Waffen schweigen
■ Der Friedensplan von Vance sieht UN-Schutzzonen in Slawonien und der Krajina vor/ Serbische Armee soll aus Kroatien abziehen/ Gefahr droht noch von den Freischärlern auf beiden Seiten
Sarajevo/Belgrad (dpa) — In den Krisenzonen Kroatiens tritt am Freitag um 12.00 Uhr ein absoluter Waffenstillstand in Kraft. Das erklärte in Sarajevo der bosnische Präsident Alija Izetbegovic nach seinem Treffen mit dem UNO-Sonderbeauftragten Cyrus Vance.
Vance war in Sarajewo mit hochrangigen Militärs der serbisch dominierten Bundesarmee und Kroatiens zusammgetroffen, um die Modalitäten für einen baldmöglichen Einsatz von UN-Blauhelmen in den jetzt noch umkämpften Zonen Kroatiens zu klären. Serbien und Kroatien hatten zuvor grundsätzlich dem Friedensplan zugestimmt.
Die meisten Hindernisse für die baldige Stationierung von Blauhelmen in den Krisenzonen Kroatiens sind damit beseitigt. Westliche Beobachter in Belgrad wiesen aber darauf hin, daß aber noch die Tschetniks auf serbischer und extremistische Gruppen auf kroatischer Seite die Friedenspläne zum Scheitern bringen könnten.
Grundsätzlich sieht der Friedensplan die auf vorerst sechs Monate begrenzte Einrichtung von insgesamt drei Zonen vor, in denen UNO-Blauhelme stationiert werden sollten. Diese UNPAs (United Nations Protected Areas — UNO-Schutzzonen) sind für Ost-Slawonien, West-Slawonien und die Krajina im Hinterland der dalmatinischen Küste vorgesehen. Die genauen Grenzen sollen noch festgelegt werden. Eine Gruppe von Militärbeobachtern ist auch für das Gebiet der Küstenstadt Dubrovnik vorgesehen.
Mit dem Eintreffen der UNO- Truppen soll die Entmilitarisierung der UNPAs beginnen, ebenso wie der Abzug der Bundesarmee vom gesamten Gebiet Kroatiens. Alle Bürgerwehren und Freischärler-Verbände in diesen Zonen sollen aufgelöst werden, die Waffen der Bundesarmee oder kroatischen Truppen übergeben werden. Alle serbischen Freischärler-Verbände aus den kroatischen Gebieten außerhalb der Schutzzonen sollen abgezogen werden.
Zusammen mit den Friedenstruppen sollten auch Zivilpolizei und militärische Beobachter in den Schutzzonen stationiert werden. Aufgabe der UNO-Polizisten ist die Überwachung und Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeibehörden. Die örtliche Polizei ist allein für die öffentliche Ruhe zuständig und soll nach einem nationalen Proporz-Schlüssel sowohl von Kroaten als auch von Serben zusammengesetzt sein. Für diesen Nationalitäten-Schlüssel gelten „die Bevölkerungs-Angaben vor Ausbruch der Feindseligkeiten“.
Sowohl Belgrad als auch Zagreb setzen große Hoffnungen auf die UNO-Truppen in den Schutzzonen. Während Zagreb auf die Rückerlangung dieser zur Zeit von Serben und Armee besetzten Gebiete hofft, rechnet Belgrad damit, daß eine Volksabstimmung der vorwiegend serbischen Bevölkerung — nach der Flucht der Kroaten — die Abspaltung von Kroatien mit sich bringt.
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