: Herumstreunernde Hipster
ELBINSELROMANTIK Auch in seinem siebten Jahr lockt das Musik- und Kunst-Festival MS Dockville vor allem junge, stylische Entdecker nach Wilhelmsburg
VON ANNIKA STENZEL
Ein außergewöhnlicher Ort ist das Festival-Gelände tatsächlich: voller Hafen- und Containerromantik, dazu ein wenig Natur, dazwischen etliche Bühnen, deren Namen wie „Vorschrot“ oder „Container“ an den Hafen angelehnt sind. Und direkt am Wasser kann man nun im neuen Uferpark spazieren gehen. Ganz ohne Gummistiefel übrigens: Sonniges Wetter wird für das nächste Wochenende vorausgesagt, an dem zum siebten Mal das Festival MS Dockville stattfindet. Mehr als 22.000 Menschen werden dann wieder auf die Elbinsel in Wilhelmsburg strömen, um Musik, Kunst, Performances, Vorträge und Poetry Slams zu hören und zu sehen – oder einfach abzuhängen.
Zum Beispiel inmitten der wuchernden Installationen des zweiwöchigen Dockville-Kunstcamps, das in diesem Jahr unter dem Motto „Unkraut“ steht – und eben nicht so gerade und sortiert sein will wie die Gartenschau nebenan. Da gibt es etwa eine Holzkonstruktion, an der sich Gewächs rankt, den Skatepark Tortenroller, der zwischen Bäumen hindurchführt, einen rauchenden Vulkan oder ein kleines Wäldchen, in dem Hängematten in den Bäumen zum Verweilen einladen.
Wer das Kunstcamp in den letzten Tagen besucht hat, konnte dabei schon mal einen Vorgeschmack auf das bekommen, was einem dort am kommenden Wochenende blüht: stylische, sonnenbebrillte, zum Teil verkleidete Menschen, die im hohen Gras sitzen, mal ratlos, mal bewundernd die Installationen betrachten, ungeduldig an den Biertresen warten. Oder ausgelassen tanzen.
Dazu gibt es auch am kommenden Wochenende genug Gelegenheiten: Mehr als 130 Acts sind für insgesamt sechs Bühnen gebucht. „Wir wollen keine Headlinerschlacht, uns reizen vor allem die Neuentdeckungen, auf die wir uns in den letzten Jahren stark konzentrieren“, sagt Jean Rehders, Sprecher des Festivals: „Der Fokus liegt auf jungen Bands mit viel Potenzial.“
Viel Potenzial entdecken die Organisatoren diesmal – ein weiteres Mal – bei den Oxforder Foals mit ihrer eigenwilligen Melange aus Minimal Techno Kölner Provenienz, Kraut- und Indie-Rock, beim Pop-Melodramatiker Woodkid, den zauberhaften Schwestern von Haim, die Folk mit R ’n’ B mischen, den elektropoppigen CHVRCHES und den Pop-Eklektikern von Kakkmaddafakka – die hoffentlich wieder mit ihren sagenhaften Backgroundtänzern aufwarten.
Rehders rät aber dazu, sich keinen allzu starren Plan zu machen. „Das MS Dockville ist ein Festival zum Herumstreunern“, sagt er. „Denn zwischen den Spielorten gibt es viel zu entdecken.“ Zum Beispiel eine versteckte Schnaps-Bar, die nicht im Festivalplan eingezeichnet ist. Einpacken sollte man fürs Dockville also nicht nur genug Sonnencreme, sondern „vor allem Neugier“.
Die haben bereits Ende Juli die – noch jüngeren – Teilnehmer der künstlerischen Ferienfreizeit Lüttville mitgebracht, die seit 2008 im Vorfeld des Festivals kostenlos Workshops für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren anbietet. Pflanzen konnte man da dieses Jahr selbst erfinden, an Fotoexperimenten teilnehmen oder im „Kunstkrautmobil“ Saatbomben fürs Guerilla-Gardening herstellen. Sehen kann man die Kunstwerke der Lüttviller nun auch während des Festivals.
Immer etwas für Entdecker war in den letzten Jahren übrigens schon die Anfahrt: Die bewerkstelligen Menschen aus Nördlich-der-Elbe-Hamburg auch diesmal am besten mit dem Rad – mit dem Auto kommt man nämlich gar nicht hin. Und spätestens am Fahrstuhl des Alten Elbtunnels trifft man dann schon auf die anderen. Erstmals kann man dieses Jahr auch mit dem Schiff kommen: 35 Minuten dauert die gemütliche Fahrt ab Landungsbrücke 10. Vom Wasser aus sieht man da schon die Bühnen und Lichter. Und von Bord geht es direkt aufs Gelände.
■ Fr, 16. 8. bis So, 18. 8., Reiherstieg Hauptdeich/Alte Schleuse