Hertha BSC in der Krise: Otto ohne Chancen
Schwächen in der Defensive, vorne keine Torchancen: Auch unter Otto Rehhagel spielt Hertha BSC katastrophal und muss den FC Augsburg vorbeiziehen lassen.
AUGSBURG taz | Weißes Hemd, schwarzer Sakko, weinrote Krawatte - Otto Rehhagel war fraglos sehr gut gekleidet. Dennoch sah der 73-Jährige ein wenig mitgenommen aus, als er erklären sollte, warum seine neue Mannschaft so dermaßen sang- und klanglos 0:3 beim FC Augsburg untergegangen war.
Vielleicht habe sein Team den "Tabellenletzten" unterschätzt. Das allerdings wäre selbst dann ein Armutszeugnis, wenn man davon absieht, dass der FCA vor Beginn des Spieltags Vorletzter und nicht Letzter war.
Einen "verdienten Sieg für Augsburg" hatte Rehhagel gesehen. "Die Jungs müssen gegen Bremen so kämpfen wie Augsburg gegen uns, um mal wieder einen Sieg zu landen." Sprachs und erklärte die Pressekonferenz für beendet. Zur sichtlichen Verwunderung von FCA-Pressechef Dominik Schmitz, dessen Aufgabe das eigentlich gewesen wäre.
Ein paar Minuten zuvor waren die Augsburger Spieler in der Interviewzone aufgetaucht, und es wurde deutlich, dass manche Aussage aus Berlin für zusätzliche Motivation gesorgt zu haben schien. Schließlich liest kein Bundesligaspieler gern über sich, dass der gegnerische Coach mit ihrem Verein nichts verbinde, außer dass dort einmal Helmut Haller (in den 70ern) gespielt habe.
Nicht eine einzige Torchance
Jan-Ingwer Callsen Bracker betonte jedenfalls genüsslich, man habe "schon zu Beginn an der Körpersprache der beiden Mannschaften gemerkt, dass wir heute einen Dreier holen". Und Kollege Langkamp ergänze: "Nach dem 2:0 hatten wir die Hertha im Sack."
Doch es sollte nicht bei den beiden Toren von Torsten Oehrl (61./63.) bleiben, bei denen sich die Berliner Abwehr jeweils haarsträubende Aussetzer geleistet hatte. In der Nachspielzeit erhöhte der eingewechselte Marcel Ndjeng auf 3:0 (90.). Das Spiel nach vorne hatten die Berliner sowieso längst eingestellt; im gesamten zweiten Durchgang hatte Hertha nicht eine einzige Torchance.
Im Grunde ist in Berlin alles beim Alten geblieben. Auch unter dem zweiten Trainer seit der Demission von Markus Babbel kurz vor Weihnachten spielt das Team ohne jede Überzeugung Fußball. Es bleibt also noch viel Arbeit für Rehhagel, der von mehr als 50 Fotografen auf Schritt und Tritt begleitet wurde.
Unübersehbar auch die Schwächen in der Defensive, in der sich die beiden Innenverteidiger Roman Hubnik und Mijatovic immer wieder übertölpeln ließen und Linksverteidiger Felix Bastians einen ganz schwachen Tag erwischt hatte. Die Herthaner können von Glück sagen, dass der FCA immer sehr viele Chancen bis zum Torerfolg braucht. Gegen ein Spitzenteam wäre die Niederlage wohl ähnlich hoch ausgefallen wie das 0:5 in Stuttgart, das vor zwei Wochen Michael Skibbe das Amt kostete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!