Hertha BSC darf hoffen: Rettung im magischen Moment
Es gibt noch Hoffnung für Hertha BSC: Zwar schaffen die Berliner gegen Bayer Leverkusen am Ende nur mit Glück ein 2:2. Doch so gut hat die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel lange nicht mehr gespielt.
Zumindest das kleine Wunder von Berlin war am Freitagabend greifbar nahe. Lange Zeit hielt der abgeschlagene Tabellenletzte Hertha BSC den Spitzenreiter der Liga, Bayer Leverkusen, verblüffend gut organisiert in Schach und lag verdient mit 1:0 in Führung. Angesichts des leidenschaftlichen Engagements der Berliner fühlte man sich ein wenig an die unerwarteten Aufwinde erinnert, von denen vergangene Woche die krisengebeutelten Teams aus München und Stuttgart in der Champions League erfasst wurden. Von magischen Momenten war an diesen Orten hernach viel die Rede.
Einen hatte die Partie im Olympiastadion auch zu bieten. Es war die 90. Minute, als sich trotz bester Saisonleistung das Schicksal gegen Hertha zu drehen schien. Der eingewechselte Bundesliganeuling Burak Kaplan hatte beim Stande von 1:1 den Herthaner Lukasz Piszczek angeschossen und von dessen Körper abgelenkt flog der Ball unglückselig in die Maschen. "Wenn du in unserer Situation solch ein Tor einfängst, kommst du normalerweise nicht mehr zurück", sagte danach Trainer Friedhelm Funkel. Von diesem Glauben war wohl der gefrustete Michael Preetz beseelt, als er nach dem Gegentreffer von der Bank aufsprang und mit solcher Kraft gegen eine Trinkflasche trat, dass der Inhalt in einer hohen Fontäne hinausschoss. In dem Augenblick dürfte der Jungmanager an seiner eigenen Machbarkeitsanalyse gezweifelt haben, nach der das große Wunder von Berlin noch möglich ist: der Nicht-Abstieg.
Dem Kolumbianer Adrian Ramos war es zu verdanken, dass die Berliner an diesem Abend nicht von ihrem Glauben an Wunder abfielen. Nach einer Ecke von Raffael köpfte er in der Nachspielzeit zum viel umjubelten Ausgleich ein, obwohl die Berliner nach der gelb-roten Karte von Gojko Kacar (77.) gar in Unterzahl spielte. Ein Tor, das für Hertha zum Hoffnungsspender wurde. Funkel beteuerte: "Ich glaube, dass uns dieser Punkt am Ende helfen wird." Man habe mit dem späten Tor "ein Stück weit das Glück zurück gewonnnen", das man brauche. Was Disziplin und Einstellung anbelange, werde er dieses Spiel als Maßstab für seine Mannschaft nehmen.
Es war die gewohnte Funkel-Rhetorik der vergangenen Wochen, wo er es auch nach herben Enttäuschungen verstand, Erfolgsversprechendes ausfindig zu machen. Weil seine Prophezeiungen jedoch oft von der Mannschaft konterkariert wurden, nahmen ihn zuletzt nur noch wenige ernst. Funkel weiß das: "Ich hoffe, dass auch die Journalisten ein gutes Spiel gesehen haben, nicht nur ich."
Zweifellos zeigte Hertha gegen den Tabellenführer eine Qualität, die man in den vergangenen Monaten so noch nicht gesehen hatte. Das Spiel des Gegners zu zerstören, das war ihnen zwar schon die Woche zuvor auf Schalke weitgehend gelungen. Und bis auf kleine Ausnahmen klappte das auch mit dem Innenverteidiger Kaka, der den verletzten Arne Friedrich vertrat, gegen Leverkusen gut. Nun aber griffen erstmals auch wieder in den Offensivaktionen die Mechanismen ineinander. Die von Fabian Lustenberger und Gojko Kacar fleißig erkämpften Bälle im Mittelfeld wurden präzise und überlegt nach vorne kombiniert. Das Team war nicht mehr wie zuletzt ausschließlich auf gute Ideen von Raffael angewiesen. Cicero etwa bediente in der achten Minute mit einem schönen Steilpass Ramos, der das frühe Führungstor erzielte. Mit Adrian Ramos hat nun Hertha eine weitere Mangelerscheinung, das Fehlen eine torgefährlichen Stürmers, vorläufig kompensiert. Der Kolumbianer erzielte die letzten vier Treffer für Hertha. Dass trotz all dieser positiven Anzeichen am Ende ein magischer Moment nötig war, um ein Pünktchen zu retten, kann einen jedoch mehr denn je am Klassenerhalt der Berliner zweifeln lassen. Zumal die Leverkusener nicht gerade ihren besten Tag hatten. Teilweise sahen das die Hertha-Akteure genau so. Torwart Drobny sagte zum Remis: "Eigentlich ist das zu wenig."
"Wunder passieren immer wieder." Das hat Friedhelm Funkel unlängst als Motto für die nächsten Monate ausgegeben. Am Freitag wandte er sich forsch bereits dem nächsten Großprojekt in München zu. "Wenn wir so nächste Woche spielen, haben es auch die Bayern schwer." Dagegen spielt die Europa-League Partie am Mittwoch gegen Sporting Lissabon nur eine untergeordnete Rolle.
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