Hersteller drohen mit Stellenabbau: Autolobby buhlt um Staatshilfe
Die Lobbyisten der Autohersteller fordern angesichts der Finanzkrise staatliche Unterstützung. Dabei gibt es Zweifel daran, dass ihnen wirklich ein Absatzeinbruch droht.
BERLIN ap/dpa Nach dem Milliarden-Schutzschirm für die Banken geht das Gezerre um Finanzhilfen für andere Branchen los. Besonders laut sind in diesen Tagen die Lobbyisten der Automobilhersteller.
Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer etwa sagte der Bild-Zeitung, er rechnet mit einem Abbau von bis zu 50.000 Stellen bei Autobauern und deren Zulieferern. Das entspräche jedem siebten Job in der Branche. In den nächsten zwei Jahren könnten zudem bis zu 20 Prozent der Auto-Zulieferer in Konkurs gehen.
Dudenhöffer will, dass die Bundesregierung ein Kreditförderprogramm speziell für die Zuliefererbranche auflegt. Zurzeit wäre es für Firmen wegen Finanzkrise und des Absatzeinbruches besonders schwer neue Bankkredite zu bekommen, sagte der Branchenexperte.
Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) malt ein düsteres Bild. Der in Hannover erscheinenden Neuen Presse sagte er: "Die Automobilindustrie erlebt einen Einbruch wie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr." Er schätze die Lage als außerordentlich bedrohlich ein. "Wir befinden uns in einem tiefen Tal. Wenn wir das nicht schnell hinter uns lassen, wird massiver Stellenabbau unausweichlich."
Um der Branche zu helfen, brauche sie "unsere Rückendeckung und sehr konkrete Hilfe, um die Nachfrage nach Neufahrzeugen wieder anzukurbeln", sagte der Politiker. Nicht nur die Finanzkrise führt seiner Ansicht nach zur Kaufzurückhaltung. "Kunden und Hersteller sind aber auch deshalb verunsichert, weil die Politik beim Thema CO2 keinen klaren Kurs fährt." Beim Kauf eines Autos wisse heute niemand, mit welchen Steuern und Grenzwerten er rechnen müsse. Das lähme die Nachfrage.
Auch der Verband der Automobilindustrie fordert eine schnelle Unterstützung für die Branche. Ein klares Signal an die verunsicherten Verbraucher wäre die rasche Umsetzung der am CO2-Ausstoß orientierten Kfz-Steuer, sagte Verbandspräsident Matthias Wissmann der Berliner Zeitung. Sie schaffe Vertrauen, liefere einen nachhaltigen Beitrag zur CO2-Minderung und trage entscheidend zur Pkw-Bestandserneuerung bei.
Zugleich schlug der Lobbyist und frühere Bundesverkehrsminister ein umfassendes Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit zinsgünstigen Krediten zum Erwerb emissionsärmerer Fahrzeuge vor. Das könnte die Erneuerung der deutschen Automobilflotte einleiten.
Die Meinung, dass wegen der Finanzkrise ein Absatzeinbruch droht, teilen aber längst nicht alle. Eine Stuttgarter IG-Metall-Sprecherin sagte Spiegel Online, „Wir haben gerade eine Boom-Phase hinter uns. Logisch, dass sich die bisherige Überproduktion nicht ewig fortsetzen konnte. In VW-Produktionshallen in Niedersachsen sei immer noch von Sonderkonjunktur die Rede.
Die Absatzprobleme bei einigen Autoherstellern sind teils auch hausgemacht, meint Wolfgang Meinig von der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW). Die Konzerne hätte in den vergangenen Dekaden das Wachstum um jeden Preis forciert, um den eigenen Marktanteil auszubauen. Diese Strategie räche sich jetzt, sagt Meinig. Den im Überfluss produzierten Autos stehen zu wenig Käufer gegenüber.
Die Rahmenbedingungen für deutsche und europäische Autobauer auf dem Weltmarkt sind zurzeit gar nicht so schlecht. Profitieren dürften sie in nächster Zeit von dem günstigen Euro. Der war am Montag zeitweise unter die Marke von 1,24 Dollar gefallen, hat sich am Dienstag wieder etwas erholt und notiert nun über der Marke von 1,25 Dollar. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren – in der Spitze kostete der Euro mehr als 1,60 Dollar - ist der Euro aber so günstig, dass europäische Autobauer einen entscheidenen Wettbewerbsvorteil auf dem Weltmarkt haben, da Käufer aus dem EU-Ausland weniger für BMW, VW und Co. bezahlen müssen.
Die Forderungen nach Finanzhilfen haben ihr Pendant in den USA. Dort bereitet die Regierung laut einem Bericht des Wall Street Journal einen Milliardenkredit für den angeschlagenen US-Autohersteller General Motors vor. Der Opel-Mutterkonzern könnte etwa fünf Milliarden Dollar (rund vier Milliarden Euro) bekommen. Das Geld käme aus einem bereits zugesagten Paket von 25 Milliarden Dollar, mit dem die Entwicklung sparsamerer Autos gefördert werden soll.
Ein Milliardenkredit könnte einen entscheidenden Schub für die laufenden Verhandlungen über eine Übernahme des Konkurrenten Chrysler durch General Motors geben. Laut Presseberichten bräuchte ein fusionierter Konzern etwa zehn Milliarden Dollar für Werksschließungen, Entlassungen und die Zusammenführung einzelner Einheiten.
Die Milliarden von der Regierung wären zwar zweckgebunden, könnten GM aber helfen, zunächst einmal die Finanzen zu stabilisieren. Der größte US-Autobauer verbrennt zurzeit etwa eine Milliarde Dollar im Monat. Auto-Analysten rechnen vor, dass GM bei diesem Tempo binnen eines Jahres das Geld ausgehen könnte. Der Konzern muss immer wieder Insolvenzgerüchte zurückweisen.
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