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Herr Mohammed, Prophet im Dienste DeutschlandsSeltsame Welt

Zu hause bei FremdenVonMiguel Szymanski

Seit vielen Jahren versucht der Bundesfinanzminister, aus Südeuropäern in der EU halbwegs funktionierende Deutsche zu machen – der Erfolg seiner Politik existiert im Kopf derjenigen, die fiktionale Erfolgsnarrative der traurigen Wirklichkeit vorziehen. Jetzt sind die Muslime dran. In einem Gastbeitrag für die Welt am Sonntag wünschte sich Wolfgang Schäuble pünktlich zum letzten sonntäglichen Kirchgang einen „deutschen Islam“.

Die Meinung des großen Zuchtmeisters fauler Südländer und irrgläubiger Muslime ist intellektuell so brillant, wie sich ein nach rechts tendierender, eine Alternative suchender CDU-Wähler nur denken und wünschen kann. Der Artikel scheint geschrieben, potenziellen AfD-Wählern brüderlich die Hand zu reichen.

Die Lesedauer von Schäubles Beitrag wird vom Nachrichtenportal der Welt mit sechs Minuten angegeben. Schon die ersten zehn Sekunden sind aufschlussreich. Erst lese ich „Meinung“, gefolgt vom Titel, „Die offene Gesellschaft muss sich ihren Gegnern stellen“, und schon geht es direkt zum zielführenden Rezept: „Dazu brauchen wir auch die Entwicklung eines deutschen Islam – ein Selbstgefühl hier lebender Muslime.“

Also: Gegner der offenen Gesellschaft Schäubles sind alle Muslime ohne das Selbstgefühl eines deutschen Islam, den es ja noch nicht gibt. Es gibt alle möglichen anderen „Islams“. Manche Muslime trinken Wein, andere mögen es afrikanisch-animistisch, die meisten machen es wie Christen, die Weihnachten in die Kirche gehen oder auch nicht, nur der deutsche Islam fehlte tatsächlich noch.

Eigentlich verleitete schon der Einstieg zum zitierenden Aufschrei einer deutsch-christlichen Weisheit, nämlich der, dass Schuster bei ihren Leisten bleiben sollten. Aber ich habe auch die restlichen 5 Minuten und 50 Sekunden gelesen. Wenn Schäuble von Muslimen redet, denkt er einmal ganz klar an die „Zuwanderung gut Ausgebildeter, die wir aus demografischen und wirtschaftlichen Gründen brauchen“. Weniger klar ist, was er meint, wenn er über Muslime schreibt, „möglicherweise auch ganz unreligiöse, die hier bereits integriert sind und die sich in gewisser Weise zurücksortiert fühlen in eine anonyme und irgendwie problematische Großgruppe ohne Unterschiede“. In gewisser Weise? Es ist nicht Eleganz, sondern die politische Option des Ausblendens.

Eine „zusätzliche Belastung der Atmosphäre“ sind für Schäuble „der spätestens seit diesem Sommer auch in Deutschland angekommene islamistische Terrorismus, sexuelle Übergriffe durch Migranten oder Flüchtlinge genauso wie die zunehmenden fremdenfeindlichen und rassistischen Ausschreitungen“.

Offen bleibt im Text, wer für die „fremdenfeindlichen und rassistischen Ausschreitungen“ verantwortlich ist. Terroristen, Migranten? Warum explizit auf den Füßen der Leser herumtrampeln, die nicht gerade auf die Knie fallen, wenn ein paar Brandbomben Richtung Flüchtlingsheime fliegen?

Es ist unangenehm, aber es ist Pflichtlektüre, es ist das Programm des Oberbefehls­haber der Moneten und des ­deutschen Geistes. „Das allermeiste, was wir in unserer Gesellschaft ­eigentlich nicht wollen, erleben wir auch von Bürgern mit ziemlich wenig Migrationshintergrund – von mangelndem Respekt gegenüber Lehrern oder Polizisten bis hin zu abstoßendem Verhalten ganz allgemein in der Öffentlichkeit.“

Bürger mit ziemlich wenig Migrationshintergrund? Aber doch ein bisserl, oder?

Ein saisonal passender Anfang des deutschen Islam wäre ein schönes Oktoberfestzelt mit Gebetsteppichen, aus Lammhack geformten Schweinshaxen und Ausschank von alkoholfreiem Bier.

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