■ Heroische Symbole im Londoner Kriegsmuseum: Eine Vergewaltigung ist zu brutal
Dublin (taz) – Bilder von vergewaltigten Frauen haben im Imperial War Museum nichts zu suchen. Das Kriegsmuseum in London bleibt den Darstellungen männlicher Helden und heroischer Symbole vorbehalten. Das für den Einkauf zuständige künstlerische Komitee hat deshalb den Erwerb des Ölgemäldes „Croatian and Muslim“ (siehe Abbildung) von Peter Howson abgelehnt und sich statt dessen für „Cleansed“ („Gesäubert“) vom selben Künstler entschieden – gegen den ausdrücklichen Wunsch der Kuratorin des Museums, Angela Weight.
„Howsons Gemälde ,Croatian and Muslim‘ zeigt, was tatsächlich in Bosnien passiert“, begründete Weight ihre Entscheidung. „Museen müssen mutige Entscheidungen treffen und sollten sich nicht am Konservatismus ausrichten.“ Sie erhielt zwar Unterstützung von der angesehenen Kunstkritikerin Marina Vaisey, doch die beiden Frauen konnten sich nicht gegen die drei Männer im fünfköpfigen Komitee durchsetzen, zu dem auch der Bankier Jonathan Scott sowie Sir Kenneth Robinson, ein ehemaliger Vorsitzender des Staatlichen Kunstamtes, gehören. Die Vergewaltigungsszene sei zu brutal, hieß es. Die Museumsmänner überstimmten die beiden Frauen im Komitee und beharrten auf „Cleansed“ als Hauptwerk – ein Ölgemälde, das drei Männer und drei Frauen zeigt, die unter einem Baum auf dem Boden sitzen. Bis auf einen verschwindend kleinen Soldaten im Hintergrund deutet nichts auf Krieg oder ethnische Säuberungen hin, die Szene könnte genausogut einen griechischen Fischerort oder ein spanisches Bergdorf darstellen. Für „Croatian and Muslim“ war danach kein Geld mehr übrig. Komiteemitglied Robinson will die Angelegenheit herunterspielen. „Wir haben einfach diejenigen Bilder augesucht, die wir für die besten hielten“, sagte der adlige Kunstkenner. „Es ging gar nicht darum, irgendein Bild zurückzuweisen.“ Weitere Auskunft verweigerte er.
Peter Howson stammt aus Glasgow, und zu seinen KundInnen zählen Madonna und Bob Geldof. Seine Werke wurden mit den realistischen, vereinfachenden Bildern Stanley Spencers verglichen. Im vergangenen Jahr ernannte ihn eine Kommission zu Großbritanniens „offiziellem Kriegskünstler“, und er reiste zweimal nach Bosnien. Dabei entstanden rund 200 Gemälde und Zeichnungen, die in den nächsten sechs Wochen im Imperial War Museum sowie in der Flowers Gallery East in London ausgestellt werden. Die Londoner Times, die das Unternehmen finanziert hatte, bot dem Kriegsmuseum an, Arbeiten im Wert von 20.000 Pfund (rund 50.000 Mark) für seine ständige Ausstellung auszuwählen.
Vorsichtshalber brachte man für die Dauer der Howson-Ausstellung an der Eingangstür des Imperial War Museum ein Warnschild an: „Diese Ausstellung enthält Bilder, die Gewalt zeigen.“ Hätte man „Croatian and Muslim“ für die ständige Ausstellung eingekauft, wäre das Kriegsmuseum vermutlich für nicht jugendfrei erklärt worden. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen