Henryk M. Broder im TV: Mit dem Stinker auf Safari
Ein Sohn von Holocaust-Überlebenden und ein einstiger Juden- Hasser in einem Volvo: Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad erkunden böse witzelnd die deutschen Lande.
"Rassismus hat immer was mit Sexualangst zu tun. Dass der andere es besser kann, öfter kann, länger kann. Die Angst des weißen Mannes vor dem Ausbleiben der Erektion", sagt Henryk M. Broder, der mit dem Auto fährt, dabei seinen Bauch gemütlich hinter das Steuer klemmt, eine schwarze Sonnenbrille und einen Strohhut trägt. Dann hält er den Wagen an, wendet sich seinem Beifahrer Hamed Abdel-Samad zu und fragt ihn: "Vielleicht ist die Angst völlig berechtigt?"
Ein bisschen Sex, ein wenig Macho, gewohnt politisch unkorrekt - so kennt man Broder. Die eigentliche Überraschung bietet denn auch sein Kompagnon Hamed Abdel-Samad. "Entweder Broder - Die Deutschland-Safari" heißt das Format, in dem die beiden im Stil eines Roadmovies durch die Republik reisen. Unterwegs sind sie mit einem alten Volvo, den sie - wegen des Porträts des Mohammed-Karikaturisten Westergaard auf dem Dach - Kurt nennen. Und immer wieder stoppen sie, um etwa in Einkaufspassagen Unterschriften für den Weltfrieden zu sammeln, mit NPD-Funktionären zu reden und Zoten auszutauschen, mit denen selbst Reeperbahn-Zuhälter noch ihren Sprachschatz erweitern könnten. Zu sehen ist das Ganze dann fünfmal auf dem Experimentiersendeplatz am späten Sonntagabend in der ARD gegen 23.30 Uhr nach "ttt - Titel, Thesen, Temperamente".
Kennengelernt haben sich die beiden, als Henryk M. Broder den Ägypter im letzten Jahr für den Spiegel porträtierte. Hamed Abdel-Samad hatte seine Biografie veröffentlicht und war der erste muslimische Mann, der über sexuellen Missbrauch schrieb. Der Sohn eines Imam sagt von sich, er sei ein "überzeugter Antisemit" gewesen. 1995 dann der Aufbruch nach Deutschland, wo - sagt Samad - er angefangen habe, kritisch zu denken.
Seine Biografie bündelt hässliche Wahrheiten über muslimische Gesellschaften, die den Islam als Feigenblatt für ihr menschenverachtendes System benutzen. Er kritisiert seine Heimat, weil sie "die Ehre der gesamten Familie direkt zwischen den Beinen der Frau platziert". Er erzählt von Augsburger Kommilitonen, die typisch seien für viele Araber und Einwanderer aus der islamischen Welt: "Schimpfen über Deutschland, lassen aber keine Gelegenheiten aus, von hier zu profitieren." Heute verachtet er den islamischen Antisemitismus: "Die Juden sind uns wichtig, weil sie uns mit unserer ewigen Scham konfrontieren, nicht vom Fleck zu kommen. Dafür hassen wir sie."
Marketingtechnisch ist die Sache natürlich gut gedacht: Ein gegensätzlicheres Duo kann es nicht geben. Henryk M. Broder, im Meinungskampf nicht immer der Feinste, hat sich mit Hamed Abdel-Samad zusammengetan, der jedes seiner Worte abwägt. Der einstige Judenhasser und der Sohn Holocaust-Überlebender gemeinsam auf Tour. Und was sie da tun, ist selten politisch korrekt und deshalb erfrischend.
"Was machst du denn da?", fragt Broder Hamed Abdel-Samad, der gerade den Hintern von Broders Hund abwischt.
"Dein Hund stinkt die ganze Zeit, und du merkst es nicht", antwortet der und schiebt hinterher: "Ich dachte, Juden legen soviel Wert auf Reinheit."
Antwort Henryk M. Broder: "Ja, aber wir quälen keine Tiere."
"Ich quäle kein Tier, ich putze nur seinen Arsch. Wenn mein Clan in Ägypten das sehen würde, die würden mich enthaupten. Ich putze den Arsch eines Hundes von einem Juden", erwidert Hamed Abdel-Samad.
Mit der Sendung feiert der Selbstdarsteller Henryk M. Broder eine Art Comeback. Er schwächelte in letzter Zeit, als er krampfhaft und fantasielos Thilo Sarrazin verteidigte. Broder kämpfte schon immer mit der avantgardistischen Aura des Aufklärers gegen linke Political Correctness. In den letzten Monaten wurde er aber dabei immer einseitiger - und eintöniger. Ständig "Terror" und "Ehrenmord" zu sagen mag eines grauen CDU-Innenpolitikers würdig sein, aber nicht eines Broder.
Und jetzt rennt er, als Gedenkstele verkleidet, vor der zentralen Holocaust-Gedenkstätte in Berlin herum, unterstrichen wird die Szene durch Marschmusik. Darf man über solche Themen Witze machen? Man kann das für fürchterlich unterkomplex halten. Man kann es aber auch schlicht lustig finden. Denn der ewigen Migrationsdebatte fehlt Humor, auch wenn dieser Schmerzgrenzen überschreitet.
Wer solche Scherze nicht erträgt, sollte lieber "Beckmann" oder "Maischberger" schauen. Da gibt es dann wieder den immer wieder gleichen deutschen Talkgraus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl