Helmut Schmidt, Alt-Bundeskanzler : Der Kunst-Raucher
HELMUT SCHMIDT, 89, war acht Jahre lang bis 1982 Bundeskanzler und ist seit mehr als 60 Jahren Raucher. FOTO: DPA
Dass die Androhung von Strafe keine abschreckende Wirkung hat, hat sich einmal mehr am Beispiel von Helmut Schmidt gezeigt. Dem Rauchverbot zum Trotz hat der Altbundeskanzler beim Neujahrsempfang im Hamburger Theater Winderhuder Fährhaus in aller Öffentlichkeit gequalmt und dafür sogar einen Aschenbecher verlangt. Nun wurde er dafür zwar angezeigt. Die Nichtraucher-Initiative Wiesbaden hat bekannt gegeben, dass sie Schmidt nebst rauchender Gattin wegen deren „ständigen rücksichtslosen Rauchens im Beisein Unbeteiligter“ strafrechtlich erziehen lassen will. Und dennoch kokettierte er auch gestern wieder mit seiner Sucht, poste erneut im Zeit-Magazin offensiv mit Kippe im Bild. Etwaige Gelöbnisse, sich fortan an die Nichtrauchergesetze zu halten, sind bis dato nicht bekannt.
Der Altbundeskanzler ist ein Überzeugungs- und Wiederholungstäter, juristisch gesprochen zwei strafschärfende Merkmale. Er jedoch kann auf Milde der Justiz hoffen, sogar in Wahlkampfzeiten. Sein Vergehen wird gemeinhin als Kavaliersdelikt abgetan. Auch mit der Zivilcourage der Gesellschaft ist es nicht weit her. Den geforderten Aschenbecher hatte er beim Neujahrsempfang bekommen.
Wagen wir den Blick nach vorne. Sonntag, 27. Januar 2008, ein Monat nach Inkrafttreten des Rauchverbotes. Helmut Schmidt trifft im Thalia Theater auf Michael Naumann, Bürgermeisterkandidat. Beide sind in der SPD, beide wollen der Partei zum Wahlsieg verhelfen, beide rauchen. Wird das Thalia, bekannt für den Mut zum Tabubruch, diesen auch diesmal wagen und Schmidt den Aschenbecher verweigern? „Herr Schmidt hat im Thalia schon immer ein Sonderrecht“, heißt es zunächst. „Das läßt er sich nicht nehmen.“ Also auch hier: Von Zivilcourage keine Spur. Immerhin aber ein mulmiges Gefühl dabei. Minuten später dann der Rückruf, und wir wissen, wie es am Sonntag, den 27. Januar, weitergehen wird: „Im Winterhuder Fährhaus hatte Herr Schmidt im Zuschauerraum geraucht“, erklärt die Sprecherin. „Bei uns aber wird er auf der Bühne sitzen, und da ist Rauchen erlaubt. Das ist künstlerische Freiheit.“ ELKE SPANNER