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Archiv-Artikel

Helle Aufregung

VON BEATE WILLMS

Die meisten Prognostiker haben längst das Handtuch geschmissen. Wie lange der Verfall der Aktienmärkte noch anhalten wird? Welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft hat? Seriöse Aussagen ließen sich nicht mehr treffen, heißt es bei Analysten und in Wirtschaftsinstituten, nachdem die Finanzkrise nun endgültig auch zur Börsenkrise geworden ist.

Am Freitag herrschte helle Panik an den Aktienmärkten. Der Dow Jones stürzte nach Handelsbeginn in New York um gut 9 Prozent ab und blieb danach wankelmütig. In Tokio hatte der Nikkei-Index ein Minus von 9,6 Prozent verbucht, den höchsten Verlust seit gut 20 Jahren. Allerdings hatte mit der 100 Jahre alten Lebensversicherung Yamato Life Insurance auch das erste japanische Finanzinstitut Konkurs anmelden müssen. Auch an den europäischen Handelsplätzen lief es schlecht: Die Börse in Wien setzte den Handel zwischenzeitlich aus, die Londoner Börse meldete „blinde Panikverkäufe“. In Deutschland notierte der DAX zeitweise fast 12 Prozent im Minus. Am Ende schloss er bei 4.544 Punkten – der tiefste Stand seit Sommer 2005.

Kein Wunder, dass Finanzpolitiker und Notenbanker mächtig unter Druck stehen. Am Wochenende wollen sie gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank auf deren Herbsttagung nach Auswegen aus dem Chaos suchen. Bislang hat noch keine Rettungsmaßnahme mehr als eine kleine Verschnaufpause gebracht. Jetzt soll vor allem über koordinierte Aktionen gesprochen werden.

Schnell schnürten einige Regierungen am Freitag weitere nationale Rettungspakete. Die niederländische stellte 20 Milliarden Euro für Notkredite bereit und gab Garantien für niederländische Kunden der zusammengebrochenen isländischen Bank Icesave bekannt. Offenbar arbeitet auch die Bundesregierung an einem umfassenden Rettungspaket nach britischem Vorbild. Ein führender Koalitionspolitiker bestätigte einen entsprechenden Bericht der Zeitung Die Welt. Demnach erwägt die Regierung, nicht nur Geschäfte zwischen den Banken zu garantieren, sondern sich auch direkt an Geldhäusern zu beteiligen. Bundesbankpräsident Axel Weber schloss in Washington als Ausweg aus der Finanzkrise auch eine vorübergehende Verstaatlichung von Banken nicht aus.

Den weitreichendsten Eingriff erwägen laut einem Bericht des Wall Street Journal die USA. Die Regierung diskutiere eine „Garantie für Milliarden an Bankschulden“ sowie eine „zeitweise Versicherung aller Bankeinlagen“, hieß es dort. Präsident Bush erklärte in einer Fernsehansprache, die Ängste der Investoren und der Öffentlichkeit verschärften die Krise. „Wir können die Probleme lösen und wir werden sie lösen“, sagte er. Die Pläne bestätigte er nicht.

Mit den staatlichen Eingriffen sollen nicht nur Banken gerettet werden. Man will auch das Übergreifen der Krise auf die Realwirtschaft verzögern. Die ist längst dabei, sich selbst zu wappnen. Immer mehr Unternehmen suchen nach Sparmöglichkeiten. Nachdem die deutsche Autoindustrie bereits Produktionskürzungen verkündet hatte, froren andere Konzerne Investitionen ein.