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Hektische Politikerreaktionen auf die Krise der Kohle– und Stahlindustrie

■ Kohl verspricht Hilfe für „Anpassungsprozeß“ in der Branche / Bangemann dementiert erneut sein Welt–Interview / Grüne Bundestagsabgeordnete Vennegerts spricht sich gegen Subventionen aus

Berlin (taz/ap/dpa) - Die Krise der Stahl– und Kohleindustrie hielt gestern die Politiker in Bonn, Düsseldorf und Saarbrücken in Atem. Während Bundes wirtschaftsminister Bangemann der Tageszeitung Welt eine Täuschung der Öffentlichkeit vorwarf und noch einmal die Echtheit eines am Montag veröf fentlichten Interviews abstritt, erklärte Kanzler Kohl, die Regierung wolle dem Anpassungssprozeß in der Stahlindustrie und dem Kohlebergbau Hilfestellung geben. Die in der Welt abgedruckte Interviewäußerung Bangemanns dagegen lautete, das Ende der Stahlindustrie sei mittel– und langfristig ohnehin unvermeidbar und weitere Subventionen deshalb ein Fehler. Ähnlich äußerte sich die Grünen–MdB Vennegerts in einem taz–Interview. Sie forderte sofortige Verstärkung der Regionalförderung für die betroffenen Gebiete. In Bonn hat der SPD–Fraktionsvorsitzende Hans–Jochen Vogel auf einer Stahlkonferenz der SPD–Fraktion der Regierung vorgeworfen, bis heute an keinem Lösungskonzept für die beiden krisengeschüttelten Branchen mitzuarbeiten. Er forderte die umgehende Verlängerung des 1987 auslaufenden Stahlstandorteprogramms. Außerdem müßten die Arbeitsmarktregionen Bochum–Hattingen, Duisburg–Oberhausen und Bremen unverzüglich in die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur einbezogen werden. Fortsetzung auf Seite 2 Tagesthema auf Seite 3 Der Vorsitzende der SPD–Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Rudolf Dressler, sprach von einem „zynischen und menschenverachtenden Chaos“ in der europäischen Stahlindustrie und forderte für die Krisenbranchen der Reviere gleiches Recht wie für die Großbauern. In Nordrhein–Westfalen und dem Saarland verabschiedeten alle im Landtag vertretenen Fraktion gemeinsame Erklärungen für die Erhaltung der Kohle– und Stahlindustrie. Die IG Bergbau und Energie warnte davor, an dem sog. „Kohlepfennig“ zu rütteln.

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