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Heimlichtuerei um "Stuttgart 21"-Kosten"Auf Wunsch des Herrn MP"

Schon der Regierung Oettinger war klar, dass der Bahnhof viel teurer werden würde, als offiziell behauptet. Doch man schwieg lieber darüber – und sah von weiteren Kalkulationen ab.

Wollte kein Prellbock sein: Oettinger beim Start der Bauarbeiten zu "Stuttgart 21" im Februar 2010. Bild: dapd

STUTTGART/HAMBURG dapd | Die baden-württembergische Landesregierung hat offenbar schon 2009 unter Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) enorme Mehrkosten bei "Stuttgart 21" erwartet. Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet in seiner neuen Ausgabe, dass Landesbeamte des damals zuständigen Innenministeriums im Herbst 2009 auf Grundlage von Bahn-Unterlagen mit Gesamtkosten von mindestens 4,9 Milliarden Euro kalkulierten. Für wahrscheinlicher hätten sie sogar einen Betrag von bis zu 6,5 Milliarden Euro gehalten.

Oettinger, der heute EU-Kommissar ist, hätte sich daraufhin weitere Berechnungen verbeten. "Auf Wunsch des Herrn MP" solle derzeit von einer "neuen Kostenberechnung abgesehen werden", heiße es in dem Vermerk. Entsprechende Zahlen seien "in der Öffentlichkeit schwer kommunizierbar".

Die Mitarbeiter äußerten "laut Spiegel" zudem Bedenken, die ebenfalls zu den Bahnhofsbefürwortern zählende SPD über die neuesten Berechnungen zu informieren. Es sei damit zu rechnen, "dass die SPD bei Bekanntwerden der Kostenentwicklung von dem Projekt abrücken wird".

Zahlreichen Medienberichten zufolge gibt es Hinweise darauf, dass die Bahn bereits vor der Unterzeichnung der Finanzierungsverträge im April 2009 von Kostensteigerungen wusste. Die mit der Bahn vereinbarte Kostengrenze beträgt 4,5 Milliarden Euro.

Derzeit geht die Bahn offiziell davon aus, dass das bisher auf 4,1 Milliarden Euro kalkulierte Projekt voraussichtlich um 370 Millionen Euro teurer wird.

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14 Kommentare

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  • S
    skeptus

    Am Ende kostet der BH doppelt so viel und ein paar Leute haben sich auf Kosten der Steuerzahler die Taschen so richtig voll gemacht. Es ist doch immer das gleiche Spiel, am Ende sind immer dia andern Schuld wenn es teurer wird. Siehe Hamburg.

  • VW
    von wie

    Geld spielt kein Rolle!!!

     

    Geld haben wir wie Dreck!!!

     

    Zitat Gaißler.

     

    Crashtest bestannden!!!

     

    Stuttgarter Bahnhof wird gebaut "Basta"....

     

    Alles andere wurde schon zig mal durch die Presse gejagt, u. immer wieder neu aufgemischt, den Grünen gehen so langsam die Argumente aus.

    So haben sie in Bühler BH die Gehsteige so eng gemacht wie sie in Stutgarter BH mal werden.

    Frage: Wieviele Bürger von Bühl kommen in den Genus einmal im neuen St-BH abzusteigen.

     

    Heute gehts wieder zur Demo, raus Ihr alten Leute mit Trillerpfeiffen. Habt Ihr nichts besseres zu tun,als Stuttgart in der gesamten Rebublik lächerlich zu machen.

  • HS
    Hari Seldon

    @stuttgarter frühling: Bitte, hier ist der Superbrüller. Laut W. Kretschmann (MP, BaWü), konnte die Landesregierung in BaWü bis jetzt (Status: 10. November 2011) die Akte mit dem Vermerk von Herrn Oettinger NICHT FINDEN(!!!), aber man sucht und hofft darauf, dass das Dokument gefunden wird! Spiegel ist eine echte Lachnummer, und sind auch alle S21-Gegner, die diese Ente ernst genommen haben....

  • HS
    Hari Seldon

    @stuttgarter frühling: Sie schreiben: "weil die Kostenobergrenzen längst überschritten sind". Bitte, könnten Sie hier die TAZ-Leserschaft aufklären, mit wieviel Euro sind die Kostenobergrenzen überschritten, oder wollen Sie lieber bei Mutmaßungen auf Stammtischniveau bleiben. Mit Fakten und konkreten Zahlen könnten Sie auch beweisen, dass ich ein "Lügenbaron" wäre (Baron bin ich ganz sicher nicht, stamme aus sehr einfachen Verhältnissen).

     

    Ein schöner Brüller aus dem Spiegel-Artikel: Im Spiegel-Bericht steht als weiterer Vermerk: "Anmerkung der Redaktion: In einer FRÜHEREN VERSION dieses Artikels hieß es, die Regierung Mappus habe die Berechnung verheimlicht. Tatsächlich war es aber die CDU-Regierung unter der Führung des Mappus-Vorgängers Günther Oettinger. Wir haben den Text entsprechend korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen."

     

    Also Herr Oettinger ist doch schon eine ganze Weile weg und auch Herr Mappus seit Monaten. Daran sieht man, was für eine olle Kamelle hier wieder- und wieder- und wiedergekäut wird. Ich bin gespannt auf die Veröffentlichungen des Spiegels, wenn Kretschmann weg ist (und das ist bald der Fall, ganz gleich wie die VA ausgeht, er kann nur verlieren).

     

    Und zur Kostensituation heute. Spekulationen über Kostenrechnungen aus dem Jahr 2009 sind irreführend und nicht sachdienlich. Die Realität ist eine andere: Wir sind heute weiter und haben einen aktuellen und konkreten Sachstand. Das sollte auch die Diskussionsgrundlage sein. Die Spekulationen über Kostenstände verkennen auch, dass die Finanzierungsvereinbarung erst dann rechtskräftig wurde, als eine aktualisierte Kostenrechnung auf Basis der Entwurfsplanung vorlag. Diese gilt im Kern bis heute. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass der Finanzierungsrahmen für Stuttgart 21 nicht ausreichend bemessen ist. Das haben die Wirtschaftsprüfer in der Schlichtung bestätigt. Richtig ist: Nach 25% der Vergaben liegt die Bahn im Kostenplan und konnte alle geplanten Einsparpotenziale erzielen. Auch bei den aktuell laufenden Verfahren, mit denen dann 50% des Gesamtvolumens und 90% der besonders kostenkritischen Tunnelbauwerke vergeben sind, liegt die Bahn auf Grundlage der aktuellen Kosten- und Risikobewertung im Finanzierungsrahmen und verfügt damit noch über eine Risikopuffer von 390 Mio. Euro. Gerade weil die Bahn hier Festpreise verhandelt, ist hier Kostensicherheit gegeben.

     

    Bitte, wir sollten bei den Fakten bleiben, und bin gespannt, wie Ihre Zahlen ("Kostenüberschreitung") aussehen würden.

  • SF
    Stuttgarter Frühling

    Der Lügenbaron Hari Seldon ist wieder unterwegs als Anwalt für die organisierte Kriminalität in sachen S21. Die Märchen dass die Bevölkerung können sie vielleicht ausserhalb von BW erzählen. Fakt ist das Verkehrsministerium hat die Zahlen angefordert und sind bis heute nicht abgeliefert worden und sie sollen bis nach der Volksabstimmung vorenthalten werden weil die Kostenobergrenzen längst überschritten sind. Auch diese Erkenntnis hatten die von ihnen genannten Prüfer und nicht wie sie behaupten.

    Der Lügenbaron Baron im auftrag von Grube Hari Seldon

  • HS
    Hari Seldon

    @Tauss: Werter Herr Tauss, Um Ihre "Glaubwürdigkeit" für die Leserschaft transparenter machen zu können, bitte, könnten Sie selbst die TAZ-Leserschaft aufklären, warum haben Sie damals so schnell die SPD verlassen (mussten), und warum haben Sie Ihren Bundestagsmandat zurückgegeben? Oder sollte ich Links auf einschlägige Artikeln für die TAZ-Leserschaft empfehlen? Bitte, wie war es mit der Gerichtsverhandlung, und mit Ihrer Mitgliedschaft bei den Piraten? Bitte, meinen Sie, dass Sie wirklich der richtige Person für Belehrung von anderen Menschen bezüglich Moral, Fairness, usw. wären?

     

    @bürgein s.: Bitte, Glauben wäre für die Kirche. Ich persönlich bevorzuge Fakten, Zahlen, Verträge, usw. Es ist Fakt, dass die Zahlen bekannt waren und sind, es gab relativ lange Fristen für Einspruch, usw. Es ist auch Fakt, dass die Zahlen in der Schlichtung sehr detailliert und GANZ ÖFFENTLICH diskutiert wurden (die Aufnahmen aus der Schlichtung stehen auch noch heute öffentlich zur Verfügung). Es ist auch Fakt, dass 3 (drei) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (vorgeschlagen durch die S21-Gegner) die Zahlen ÜBERPRÜFT und BESTÄTIGT haben.

  • BM
    Bernhard Meyer

    Wie rechtsverbindlich ist ein Vertrag, der durch Täuschung eines Vertragspartners zustandegekommen ist?

     

    Andere Frage: Ist die SPD in Stuttgart wirklich getäuscht worden? Oder akzeptieren sie, was bei Großprojekten anscheinend üblich ist, dass das Ganze am Ende doppelt so teuer wird, als sie vorher beteuert haben?

     

    Oder können sie nicht zugeben, getäuscht worden zu sein, weil das doch arg blöd aussieht?

  • BS
    Bürgerin S.

    @Hari Seldon: Sie glauben alles, was die Bahn und "die Partei" (CDU) Ihnen erzählen? - Bis heute hat die Bahn ihre Kosten- und Risikokalkulationen den Projektpartnern nicht offen gelegt. Sie ist vertraglich dazu verpflichtet. Die Bahn SAGT einfach immer nur, dass alles billiger geworden ist, dass das Projekt nicht teurer wird. Sie belegt es aber nie. Und da bei uns in Stuttgart alle Kontrollinstanzen gleichgeschaltet zu sein schienen - Regierungspräsidium, Staatsanwaltschaft - stoppt niemand das Ganze. Aber langsam kommt Bewegung ins die Sache, der Justizminister schaltet sich hier und da ein.......http://swrmediathek.de/player.htm?show=e02fe500-0649-11e1-935a-0026b975f2e6

  • JT
    Jörg Tauss

    So völlig überraschend ist das nicht.

     

    Auch der SPD war dies über das Bundesverkehrsministerium durchaus nicht unbekannt. Dies ist ja einer der Gründe, weshalb sich der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung lange Zeit schwer tat.

     

    Es gab parteiintern daher erheblichen Druck aus der SPD-Landtagsfraktion und vom Vorsitzenden der MdB- Landesgruppe BaWü auf Tiefensee, seine Bedenken zurück zu stellen. Hieran sollte ich mich, übrigens auch auf Oettingers persönliche Bitte hin, beteiligen. Diesen Wünschen habe ich nicht entsprochen.

     

    Jörg Tauss

    MdB 1994 - 2009

    Generalsekretär der SPD- Baden-Württemberg 2005 - 2009

  • HS
    Hari Seldon

    Noch einmal zum Spiegel-Artikel:

     

    Es war schon 2009 bekannt, dass der BRH für S21 5 Mrd. Euro berechnet hatte – allerdings mit Fehlern und ohne Einsparpotential. Und die Beamten von Oettinger haben offensichtlich ebenfalls 4,9 Mrd. errechnet – ohne Einsparpotential. Und die Bahn – man höre und staune – hat ebenfalls 5 Mrd. Euro errechnet, hat dann aber ca.900 Mio. an Einsparpotentialen abgezogen. (Und diese wurden bis heute schon teilweise realisiert!). Wo wäre da ein Dissenz? Entscheidend ist aber etwas ganz anderes: Herr Dr. Grube hat nach seinem Amtsantritt in 2009 gesagt, er werde die Kosten neu berechnen lassen. Und aufgrund dieser neu berechneten Kosten konnte dann jeder Projektpartner für sich entscheiden, ob er bis 31.12.2009 aus den Verträgen aussteigt oder nicht. Niemand ist ausgestiegen. Die Zahlen der Bahn – und das sind die allein Maßgeblichen – gelten bis heute. Es wurde niemand getäuscht, niemand betrogen, jeder kannte die Zahlen der Bahn und konnte bis 31.12.2009 seine Entscheidung treffen. Das haben auch die S21-Gegner zu akzeptieren. Punkt. Bitte, wir sollten bei den Fakten bleiben.

  • HS
    Hari Seldon

    Augenscheinlich hat Spiegel keine anderen "Sensationen" auf dem Lager, und eine schon x-mal angespielte Platte wird wieder als "Sensation" aufgetischt. Aber eine Luftnummer bleibt auch nach den x-ten Wiederholungen auch eine Luftnummer. Seit 2009 wurden die Kostenkalkulationen schon mehrmals wiederholt, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (mehrere!) haben die Kostenkalkulation überprüft, und die Zahlen als richtig bestätigt. Statt Luftnummer als "Sensationen" würde ich OBJEKTIVE und NEUTRALE Berichterstattung als seriöser Journalismus von den Mainstram-Presse erwarten. Die Glaubwürdigkeit deer Mainstream Presse wird langsam "überstrapaziert". Die "Glaubwürdigkeit" von Spiegel: Als kleines Beispiel, erinnere ich mich noch an das Spiegel-Titelblatt (NMittelstreckenraketen): "Kohl hat noch höchstens noch 10 Tage im Amt". Dann war Herr Kohl noch fast zehn Jahre lang Bundeskanzler... So viel Wert haben die "Sensationen" von Spiegel.

  • BS
    Bürgerin S.

    "Für wahrscheinlicher hätten sie sogar einen Betrag von bis zu 6,5 Milliarden Euro gehalten." - !!!!!! - 2009 gingen Landesbeamte davon aus, dass das Projekt 6,5 Mrd. Euro kosten wird. Dann gab es ein Denk- und Rechenverbot. Und jetzt kostet das Ganze - 2 Jahre später - und Wunder über Wunder - nur noch 4,1 Mrd. Euro? Und die Presse - egal welche - wiederholt stur diese 4,1 Mrd.. Dieses Projekt ist auf betrügerische Art und Weise durchgeschummelt worden. Alle Abgeordneten, die jemals dafür gestimmt haben, kannten die wahren Zahlen nicht und sollten sie auch nicht kennen. Das ist BETRUG! Über sowas darf überhaupt nicht per Volksentscheid abgestimmt werden. Da muss ein richtiger Staatsanwalt ran - aber sowas gibts leider nicht - zumindest nicht, wenn es um S21 geht.

  • V
    vic

    Mich wundert das nicht.

    Ob Oettinger oder Mappus; beide sind der selben Partei zugehörig, und unterscheiden sich nur durch die Leibesfülle.

    Jeder nicht völlig Uninteressierte weiß längst, dass die Kalkulation von vorne bis hinten stinkt.

  • T
    Torben

    Als Laie verstehe ich nichts von Untreue und ich habe auch keine Ahnung von Mutwilligkeit. Landowsky kam in Berlin jüngst auch ungeschoren davon, wird schon alles dem Rechtsfrieden dienen.

     

    Jetzt aber tüchtig ein paar Eierdiebe verknacken und keine falsche Toleranz.