Heil Hitler! –   Hans Albers

■ Das Metropolis zeigt mit „Shiva und die Galgenblume“ den letzten Film der Nazis

Ein typisch deutsches Elend ist das Durchhaltevermögen. Während im Frühjahr 1945 die alliierten Truppen sich anschickten, dem Nazireich den Garaus zu machen, hielt nicht nur die deutsche Armee durch bis ans Ende aller materiellen Möglichkeiten. Auch die deutsche Filmindustrie – kriegswichtig für die Nazis wegen der ablenkenden Funktion ihrer oft banalen unpolitischen Filme – produzierte solange wie möglich weiter.

Die Fragmente des letzten unter den Nazis geplanten Spielfilms Shiva und die Galgenblume – mit den Dreharbeiten wurde noch kurz vor Kriegsende begonnen – haben Hans Georg Andres und Michaela Krützen in ihrem gleichnamigen Film, der jetzt in die Kinos kommt, verarbeitet. Ein Kriminalfilm mit Hans Albers in der Hauptrolle war damals geplant, hübsch bunt und spannend und fernab aller Realitäten. Gedreht wurde im besetzten Prag unter zwangsweiser Mitarbeit dienstverpflichteter Tschechen. Deren Erinnerungen haben Andres und Krützen auf gelungene Weise in die Spielfilmhandlung montiert. Einige Szenen wurden neu vertont, andere im heutigen Prag nachgedreht. Hinzu fügten sie Aussagen der deutschen Schauspieler und des französischen Regieassistenten, aber auch Ausschnitte aus Wochenschauen und Propagandafilmen sowie Amateuraufnahmen vom Prager Aufstand gegen die Nazis kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee.

Der geplante Spielfilm, in dem der „blonde Hans“ als Kriminalist einen immerhin russischen und dementsprechend widerlich-dämonisch gezeichneten Verbrecher jagt, bildet das Grundgerüst. Darauf aufbauend, ist es ein Dokumentarfilm geworden, der einen wichtigen Teilaspekt des Verhaltens der Deutschen in der Nazizeit und deren Aufarbeitung behandelt: Fast alle machten mit bis zum Ende und wollten diese Tatsache später nicht eingestehen.

Eindrucksvoll die Erzählungen deutscher Schauspielerinnen, wie nett es doch im Prag der Besatzungszeit gewesen sei und wie gut man sich mit den Tschechen verstanden habe; und im Kontrast dazu die Aussagen der tschechischen Beteiligten, die von Zwang und Unterdrückung, auch durch die deutschen Filmleute, berichten. Eindrucksvoll die vielen Stimmen, die von einem Hans Albers erzählen, der immer „dagegen“ gewesen sei, der in Schnapslaune Goebbels und Hitler verulkt habe und ständig mit dem Naziregisseur Steinhoff im Clinch lag; und im Kontrast dazu eine Stimme aus dem Off, die ein relativ unbekanntes Dokument vorliest: einen Brief von Albers an Goebbels, in dem sich Albers von seiner jüdischen Freundin Hansi Burg offiziell lossagt, um weiterhin die Privilegien eines Staatsschauspielers genießen zu können. Unterzeichnet mit: „Heil Hitler! – Hans Albers“.

Tim Fiedler

Metropolis, Premiere in Anwesenheit der Filmemacher heute 19 Uhr