■ Heckelmanns Handschrift: Alles Lüge?
„Alles erlogen“, schimpfte Innensenator Heckelmann gestern über einen Zeitungsartikel, in dem ihm vorgehalten wurde, vermeintliche Stasi-Vorwürfe gegen Stefan Heym lanciert zu haben. Was Heckelmann nicht sagte: Eine Gegendarstellung gegen den Tagesspiegel nahm er kleinlaut zurück. Der Senator hatte gestern die Chance, den Vorwurf zu entkräften, „ausschließlich aus politischen Gründen Heym am Zeug zu flicken“, wie Wolfgang Wieland es formulierte. Der CDU-Politiker versäumte diese Gelegenheit. Dabei wäre eine Aufklärung bitter nötig: Seiner Darstellung nach ist er erstmals am 7. November nachmittags vom Polizeipräsidenten über „Kooperationsprobleme“ mit der Gauck-Behörde informiert worden und hat sofort den Bundesinnenminister unterrichtet.
Warum die Eile bei der Verbreitung einer Falschmeldung – zufällig kurz bevor der Schriftsteller, der auf der Offenen Liste der PDS in den Bundestag einzog, als Alterspräsident seine Rede halten sollte? Als es um die Aufklärung rechtsradikaler Kontakte seines Pressesprechers ging, mußte die SPD Heckelmann erst mit Koalitionsbruch drohen, ehe er Konsequenzen zog. Bei Vorwürfen gegen die Freiwillige Polizeireserve, Rechtsradikale und Waffenschieber zu beschäftigen, ließ sich der Senator gar so lange Zeit, daß er sich vor einem Untersuchungsausschuß zu verantworten hat. 1983 hatte Heckelmann mehr Glück mit seinen „Heymlichkeiten“. Er verfaßte als Vizepräsident der Freien Universität unter falschem Namen einen Artikel in der Deutschen Universitätszeitung, in dem er den amtierenden Präsidenten übel beleidigte. Heckelmann riß als Vize eine Untersuchung an sich und – wen wundert es – konnte den Verfasser nicht ausfindig machen. Bei den kurz später stattfindenden Neuwahlen wurde Heckelmann neuer FU-Präsident. Der Angriff auf Heym dagegen ist erfolglos geblieben – und erinnert nur in diesem Punkt nicht an Heckelmanns Handschrift. Dirk Wildt
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