■ Heckelmann stellt Huren nach: Rechtlicher Quickie
Der Mann ist augenscheinlich nicht ausgelastet. Rastlos wie ein zeitgenössischer Fouché durchforstet Innensenator Dieter Heckelmann mit seiner Truppe das Berliner Soziotop auf der ständigen Suche nach kriminogenen Herden. Galt über Monate seine ganze Aufmerksamkeit den Hütchenspielern auf dem Ku'damm, widmet er sich seit jüngstem der „aggressiven Bettelei“. Da nicht sein kann, was nicht sein darf, ver(sch)wenden seine Beamten einen nicht geringen Teil ihrer Energie darauf, aus diesen Tätigkeiten das zu machen, was sie erst so recht verfolgenswert macht – verbotene Aktivitäten. Das rechtspolitische Neuland, das dabei betreten wird, gleicht in der Regel dem berüchtigten dünnen Eis, in das die Innenverwaltung prompt einbricht, soll ihr Vorgehen einmal vor Gericht Bestand haben.
Nun sind die Huren an Kurfürsten- und Lützowstraße zum Ziel der ordnungspolitischen Nachstellungen geworden. Kaum ist der Gefahrenherd ausgemacht, so beginnt Staatssekretär Armin Jäger mit der Fahndung nach den rechtlichen Möglichkeiten unter der Strafbarkeitsgrenze, die diesen ein-, das heißt im vorliegenden Fall ausgrenzen. Das er sich nach eigenem Bekunden zur Zeit noch darum bemüht, läßt den tröstlichen Schluß zu, daß diese Rechtsvorschrift in der gewünschten Eindeutigkeit nicht vorhanden ist, mithin die Bestandskraft der Verfolgungsmaßnahme angezweifelt werden kann.
Wenn soviel Energie auf etwas sowenig Sinnhaftes verwandt wird, stellt sich die Frage nach dem Zweck. Da allen diesen „Delikten“ gemein ist, daß sie öffentliche sind, scheinen sie nichts anderes als der willkommene Anlaß zur publizitätsträchtigen Zurschaustellung polizeilicher Potenzen zu sein. Da die strafrechtliche Ahndung kaum Aussicht auf Erfolg verspricht, ist auch ein Ende dieser Vorstellung nicht absehbar. Der Sperrbezirk als kriminalpolitischer Dauerbrenner. Und da sage einer, der Senator wisse sich nicht zu beschäftigen. Dieter Rulff
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