Hausprojekte: Frischer Wind für Hausprojekte
Die Selbsthilfeszene kommt wieder in Schwung: Eine Initiative stellt heute den Solidaritätsfonds vor. Ehemalige Selbsthelfer, deren Haus bezahlt ist, sollen neuen Gruppen unter die Arme greifen.
Artikeltext (Überschrift und Vorspann hier werden nicht publiziert)
Erinnert sich noch jemand an die Selbsthelfer? Gut gelaunte Müßiggänger, die mit ihrer Muskelhypothek marode Häuser in Schuss brachten und neue Wohnformen ausprobierten? Nahezu 300 Häuser haben die Enthusiasten in den Wohnprojekten in den letzten 20 Jahren instand gesetzt - mit ordentlich Kohle vom Senat. Doch nachdem der vor fünf Jahren das Förderprogramm "bauliche Selbsthilfe" beendete, stand auch die Selbsthilfeszene im Aus. Der neue Stern am Projektehimmel waren die Baugruppen: Da war nicht nur die "neue Mitte" am Werkeln, es entstand auch aufregende Architektur.
Nun will die Selbsthilfeszene einen neuen Anlauf starten. Heute stellt sie ihre Idee eines Solidaritätsfonds vor. Mit dem sollen neue Projekte angeschoben oder bestehenden geholfen werden. Die potenziellen Geldgeber: ehemalige Selbsthelfer, die keine Kredite mehr bezahlen müssen und so die neuen Projekte unterstützen können. "Vor allem mietorientierte Projekte haben es sehr schwer, Kredite zu bekommen", umreißt Jörg Mauer aus der Kinzigstraße 9 die Situation.
Der Solidaritätsfonds ist laut Mauer deshalb auch eine Möglichkeit, den nötigen Eigenkapitalanteil für die Kreditvergabe aufzubringen. Einzige Voraussetzung: Am Ende des Projekts stehen keine Wohnungseigentümer, sondern Mieter - ganz egal, ob sie sich unter dem Dach einer Genossenschaft oder irgendeines anderen Trägers zusammenfinden.
Die seit 2005 entwickelte Idee findet inzwischen auch im Senat ihre Unterstützer. Nicht nur für Baugruppen will Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bessere Bedingungen schaffen, sondern auch für andere Wohnprojekte. "Wir streben an, im nächsten Jahr eine Beratungsstelle für Baugruppen und Wohnprojekte einzurichten", sagt Jochen Hucke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Allerdings muss darüber erst noch im Haushaltsausschuss beraten werden.
Zum Netzwerk der neuen Selbsthelfer gehören auch die Stiftung trias und die GLS-Bank, die sich bereit erklärt haben, bei der Vergabe der Mittel aus dem Fonds behilflich zu sein. Zu den Initiatoren gehört auch die grüne Landesvorsitzende Barbara Oesterheld (siehe Interview).
Inzwischen hat der Solidaritätsfonds auch seine ersten Förderzusagen. Die Genossenschaft Selbstbau aus Prenzlauer Berg ist ebenso dabei wie die Mariannenstraße 49 in Kreuzberg. "Es gibt aber auch ehemalige Selbsthelfer, die sagen: Wir machen da nicht mit", räumt Jörg Mauer ein.
Für den Selbsthelfer aus der Friedrichshainer Kinzigstraße ist die Idee eines Fonds auch eine Kritik an der ehemaligen Förderpolitik des Senats. "Damals wurde den Projekten viel Geld geschenkt. Aber es wurde darauf verzichtet, dieses Geld daran zu binden, dass es am Ende neuen Projekten zugute kommt." Diesen Fehler will man nicht noch einmal wiederholen, sagt Mauer. "Neue Projekte sind der Ausgangspunkt und der Endpunkt der Förderung."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!