Haushaltsdebatte in den USA: Shutdown abgewendet, Opposition uneins
Der US-Senat hat am Freitag einen temporären Haushalt verabschiedet – auch mit Stimmen aus der Opposition. Für den progressiven Flügel der Demokraten kommt das einer „Kapitulation“ gleich.

Zehn Demokraten schlossen sich am Freitag der republikanischen Mehrheit im Senat an, um die benötigte 60-Stimmen-Marke zu überwinden. Mit 62 zu 38 nahm der Haushaltsentwurf eine entscheidende verfahrenstechnische Hürde kurz vor der eigentlichen Abstimmung. Bei dieser stimmten dann nur noch zwei Demokraten für den Haushalt. Senator Rand Paul aus Kentucky war der einzige Republikaner, der beide Male gegen den Haushaltsentwurf votierte.
Mit ihrer Zustimmung haben die Demokraten zwar eine Stilllegung der Regierung verhindert, doch die politischen Konsequenzen sind noch nicht absehbar. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hatte seine Position zum Haushaltsentwurf innerhalb von 24 Stunden komplett geändert. Am Mittwoch war er dagegen, am Donnerstag dafür.
Der Grund für Schumers Sinneswandel dürfte wohl politisches Kalkül gewesen sein, da er befürchten musste, dass große Teile der US-Bevölkerung den Demokraten die Schuld an einem Shutdown geben würden. Für den progressiven Flügel der Partei kam dies jedoch einer Kapitulation gleich.
Auch demokratische Abgeordnete aus dem US-Repräsentantenhaus versuchten mit einem Schreiben Schumer davon zu überzeugen, gegen den Haushaltsentwurf zu stimmen.
„Das amerikanische Volk hat Demokraten in den Kongress geschickt, um gegen die Unfähigkeit und das Chaos der Republikaner zu kämpfen“, hieß es in dem Brief, der von 66 Demokraten aus dem Repräsentantenhaus unterzeichnet wurde.
Doch diese Appelle fielen am Ende auf taube Ohren. Schumer, der mit seinen Parteikollegen in den vergangenen Tagen viele Gespräche geführt hatte, war nicht in der Lage, seine Fraktion zusammenzuhalten.
Die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen aus New Hampshire, die letztendlich für den Haushaltsentwurf stimmte, erklärte in einer Stellungnahme, dass die Menschen in ihrem Bundesstaat unter einem Regierungs-Shutdown gelitten hätten. Gleichzeitig hätte dies Trump und Regierungsberater Elon Musk befähigt, noch mehr Schaden anzurichten.
„Den Republikanern in die Hände zu spielen und den Regierungsstillstand zuzulassen, würde Elon Musk und Präsident Trump uneingeschränkte Macht geben, die Bundesregierung weiter zu zerschlagen. Ich werde dem nicht tatenlos zusehen“, so Shaheen.
Seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit versuchen der US-Präsident und der Tesla-Milliardär, den Regierungsapparat nach ihren Vorstellungen zu verändern. Musk, der die neu gegründete Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) leitet, will die Staatskosten drastisch reduzieren. Dabei scheut er weder vor Entlassungen noch vor Kürzungen von Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsprogrammen zurück.
Schumers Führungsrolle infragegestellt
Stimmen aus dem progressiven Lager hatten im Vorfeld die Haushaltsdebatte als das vielleicht beste Mittel identifiziert, um gegen Trump und Musk vorzugehen. Doch die Unstimmigkeiten innerhalb der Partei haben dies am Ende verhindert. Das Hin und Her der vergangenen Tage hat auch vermehrt zu Kritik an Schumer und dessen Position als Minderheitsführer im Senat geführt.
„Chuck Schumer hat die Fähigkeit der demokratischen Partei, ihre Marke bei jungen Wählern aufzubauen, einseitig sabotiert, indem er vor Donald Trump und Elon Musk kapituliert hat“, hieß es in einer Stellungnahme der progressiven Jugendorganisation Voters of Tomorrow.
Schumer verteidigte seine Entscheidung in einem CNN-Interview: „Meine Aufgabe als Parteivorsitzender ist es, die Partei zu führen und sie zu schützen, falls in naher Zukunft Gefahr droht. Und ich bin stolz darauf, dass ich es getan habe. Ich wusste, dass ich das Richtige getan habe, und ich wusste, dass es Meinungsverschiedenheiten geben würde. So ist es immer“.
Ob Schumer an seiner Führungsrolle weiter festhalten kann, wird sich zeigen. Die Haushaltsdebatte hat allerdings verdeutlicht, dass die Demokraten, die bei der Wahl im November nicht nur das Weiße Haus, sondern auch die Mehrheit im US-Senat verloren hatten, sich in ihrer neuen Oppositionsrolle noch immer äußerst schwer tun.
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