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Archiv-Artikel

Haushalt „verantwortungslos“

Mit scharfen Worten gehen die Grünen mit der Finanzplanung der Koalition ins Gericht: Der Senat vertage „bittere Wahrheiten“ auf die Zeit nach der Wahl 2007 und gefährde die Zukunft Bremens

von Klaus Wolschner

Der Ton wird schärfer. „Chaos pur“, sagt die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert, sei die Finanzplanung des Senats. Sie muss es wissen – sie ist die Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Nächste Woche soll der Doppelhaushalt 2006/2007 verabschiedet werden. „Von seriöser Haushaltspolitik, Klarheit und Wahrheit keine Spur“, sagt Linnert. Damit „gefährdet die große Koalition die Zukunft des Bundeslandes Bremen“. Denn der Senat setze sich über geltendes Haushaltsnotlagen-Recht hinweg. Die Richter in Karlsruhe seien nicht so blöd.

Bei dem Vorwurf „Verlotterung der parlamentarischen Sitten“ gehe es auch nicht um Formalitäten, erklärt Linnert. „Es geht um das demokratische Recht des Parlaments, dieses Parlament kann seine Arbeit nicht machen.“ Im „Vier-Wochen-Rhythmus“ habe der Senat seine Vorstellungen über den Haufen geworfen, beklagt sich der grüne Finanzpolitiker Jan Köhler, mit sachlichen Diskussionen habe das nichts zu tun – es gebe immer wieder neue Kompromisse zwischen CDU und SPD, die nur mehr Geld kosteten.

Und vor allem werde aus dem Zahlenwerk nicht deutlich, wohin die Reise gehen soll. Die Ausgaben für Investitionen – das überschuldete Bremen leistet sich da, pro Kopf gerechnet, deutlich mehr als das Geberland Hamburg – sollen reduziert werden, hat der Senat angekündigt. Die bittere Wahrheit: 2005 wurden unter dem Titel „Anschluss-Investitions-Programm“ (AIP) 236 Millionen Euro ausgegeben, 2006 sollen es 245 Millionen sein, 2007 dann 241 Millionen. Aber danach, bis 2009, soll die Summe dann drastisch sinken – auf 190 Millionen Euro. Das hat der Bremer Senat dem Verfassungsgericht schriftlich gegeben. Das Jahr 2010, das in die haushaltsrechtlich vorgeschriebene „Mittelfristige Finanzplanung“ hineingehört, fehlt da. Der Verdacht der Grünen: In den bisherigen internen Listen summiert sich das AIP für 2010 auf satte 250 Millionen. Die Zahl will man dem Gericht ersparen.

Dabei fehlt in der Liste noch die Investitionssumme für den Jade-Weser-Port, zum Beispiel. Schlicht nicht eingeplant. Oder die Bremer Krankenhäuser. „Das ist eines der wenigen Themen, bei denen der Senat eine rechtliche Verpflichtung zur Investition hat.“ Die Gesundheitssenatorin habe das verpennt.

„Null Utopie“ stecke in dem Zahlenwerk, sagt Linnert. Zum Beispiel redeten alle über das demografische Problem – die Gesellschaft altert. An keiner Stelle im Haushaltsplan finden sich Gelder für Projekte, die die Stadt attraktiv für alte Menschen machen könnten.

Oder die Bildung. Bremen habe bald eine Schüler-Lehrer-Relation wie der Flächenstaat Bayern. Eine Katastrophe für eine Großstadt mit ihren sozialen Problemen. Wenn es nach den Grünen ginge, dann würden 110 Millionen Euro Stammkapital der „Bremer Aufbau-Bank“ einkassiert, Hotelbauten nicht mehr öffentlich subventioniert, der Concordia-Tunnel gestrichen, die Rennbahn-Subventionen (400.000 Euro pro Jahr) für Sinnvolleres ausgegeben, auch die Lernmittelfreiheit in der Landesverfassung würde gestrichen. Das Geld für den Abriss von Kleingarten-Häusern könnte gespart werden – immerhin 1,2 Millionen im Jahr. Dafür würden andere Schwerpunkte gesetzt, bei der Bildung zum Beispiel.