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HauptstadtkulturOpernkrise eine Frage der Zeit

Der Chef der Opernstiftung warnt vor neuer Krise: Schon 2008/2009 fehlten 11 Millionen Euro. Wie es ab 2010 weitergeht, weiß auch Klaus Wowereit nicht. "Ich gebe keinen Freibrief für die Häuser".

Staatsoper Bild: AP

Die großen Gefühle spielen sich in Berlin längst nicht mehr allein auf den Opernbühnen ab. Emotional wird es auch in der Politik, sind die drei Opernhäuser selbst das Thema. "Fiasko" und "Bankrotterklärungen", "Schuld" oder "Rettung" tönte es gestern durch das Abgeordnetenhaus. Auf dem "Spielplan" im Kulturausschuss stand die Finanzlage der Opernstiftung, und diese ist mehr als dramatisch.

Nach dem Bericht von Stefan Rosinski - Direktor der Opernstiftung, unter der die drei großen Bühnen Staatsoper, Komische Oper und Deutsche Oper Berlin seit 2003 zusammengefasst sind - steht den Opern erneut die Krise ins Haus. So fehlten der Opernstiftung in den kommenden beiden Haushaltsjahren 2008/2009 mehr als 11 Millionen Euro für einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan. Die Einsparvorgabe von fast 17 Millionen Euro aus den letzten drei Jahren wurde dadurch nicht erreicht. Die geplante Senkung der Zuschüsse des Landes für die drei Opernhäuser von 112 auf 99 Millionen Euro bis 2009 habe sich als unrealistisch herausgestellt. Rosinski: "Mit 99 Millionen Euro lassen sich drei Opern nicht machen."

Als Grund für das Defizit führte der Direktor nicht nur die seiner Meinung nach falsche Absenkung der Zuschüsse an. Lücken im Geldbeutel der Stiftung hätten zudem "erhebliche Steigerungen bei Sachkosten", der nicht optimale Ticketverkauf und zum Teil leere Ränge bei manchen Aufführungen hinterlassen. Die Auslastung etwa der Deutschen Oper liege bei deutlich unter 70 Prozent.

Zugleich habe die Stiftung mit den Einsparungen beim Personal, der Zusammenlegung der Werkstätten und des Bühnenservices höhere Fehlbeträge vermeiden können, sagte Rosinski. Trotz des Finanzbedarfs sei die Stiftung samt der Opernhäuser aufgrund der "Liquidität der Stiftung" bis 2009 nicht gefährdet. Für die Zeit danach sehe er erhebliche "Risiken" für die Bühnen.

Spätestens ab 2010 stünden die drei Opernhäuser ohne ein Eingreifen des Bundes vor einer schwierigen Situation. Um die Zukunft der Opern zu sichern, benötigten diese "eine politische Lösung" - auch um die Häuser weiter "wettbewerbsfähig" zu halten, so der Operndirektor.

Wie diese "politische Lösung" aussieht, weiß in Berlin aber derzeit niemand so genau. Der Bund weigert sich, den Betrieb eines Opernhauses - nämlich der Staatsoper - zu übernehmen und ist nur bereit, bei der Sanierung des maroden Hauses zu helfen. Mehrausgaben für die Stiftung ab 2010 bereitzustellen, lehnt Berlin wiederum ab. Wowereit ließ daran keine Zweifel: "Ich gebe keinen Freibrief für die Häuser, dass diese dann einen erhöhten Zuschuss erhalten."

Das Wort von der Schließung eines Hauses machte darum gestern im Abgeordnetenhaus wieder die Runde und führte zum Streit - zumal der Regierende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) auch nicht weiterzuwissen scheint: "Berlin ist in der Lage, zwei Opernhäuser international konkurrenzfähig zu erhalten, aber nicht drei", sagte er. Es mache keinen Sinn, immer weitere Millionen Euro bei den Bühnen einzusparen, "dann erkennen wir die Opern nicht mehr wieder". Berlin habe in dieser Frage "noch Luft für zwei Jahre, entweder kommt dann die große Lösung oder sie kommt nicht, und dann müssen wir uns etwas einfallen lassen".

Die Ausschussvorsitzende Alice Ströver (Grüne), sprach da von "Fiasko" und "Bankrotterklärung der Opernstiftung". Der Senat trage wegen der Unterfinanzierung der Stiftung, die von Beginn an von den Oppositionsparteien kritisiert worden war, Schuld an der Misere. Michael Braun, CDU-Kulturexperte, warf Wowereit vor, mit der Zukunft der Berliner Opernlandschaft zu spielen. Wowereit müsse endlich ein klares Konzept und einen Terminplan - ob mit oder ohne Bund - für die Rettung der Opernhäuser und der Stiftung vorlegen.

2002 hatte das Parlament über die gleichen Fragen ähnlich aufgebracht debattiert. Heraus kam die Opernstiftung. Was kommt nun?

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