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Hat der Feminismus linke Männer verändert?

■ Grüne Wahlkampf–Veranstaltung „Apo - Patriarchat - Frauenbewegung“ mit Gisela Erler, Waltraud Schoppe, Udo Knapp und Joscha Schmierer / Grüne Frauen: Nichts hat sich in den letzten 18 Jahren geändert

Aus Bremen Klaus Wolschner

„Apo–Patriarchat–Frauenbewegung“ - drei schwere Brocken hingen über dem Podium in dem ehemaligen Porno–Kino „Modernes“, das in Bremen zum alternativen Veranstaltungszentrum gemacht wird. War die außerparlamentarische Opposition der 60er Jahre, war der SDS „machistisch“ oder öffnete die libertäre Studentenbewegung den Raum, in dem die Frauenbewegung sich dann bilden konnte? Hat sich, 18 Jahre danach, im Verhältnis von „linken“, „alternativen“ Männern und Frauen etwas verändert? Gehört Gewalt zu den zwischenge schlechtlichen Beziehungen? Die Grünen und ihre Bremer Kandidatin Marie–Luise Beck– Oberdorf - Wahlkampf sei dank - hatten Gisela Erler (früher „Arbeitersache“, heute ökolibertäre Grüne aus München) und Waltraud Schoppe (Uni–Basisgruppen, Vorrückerin der Grünen im Bundestag) und dazu zwei aufs Podium geladen, die nicht nur zur Besichtigung dieser seltsamen männlichen Spezies dort angeleuchtet werden sollten. Joscha Schmierer, der Vorsitzende des inzwischen aufgelösten Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW), analysierte mit der ihm eigenen Stringenz die Histo rie, in der APO und Frauenkampf gut zueinander und nebeneinander passen, wurde gegen Ende aber auch ganz direkt. Zuhause in Frankfurt nämlich lebt er mit seinem Kind in einer Wohngemeinschaft. Er betreibe Erziehung nicht nur - wie die meisten Männer - als Feierabend–Beschäftigung für erholsame Stunden. „Ich empfinde das viel mehr als Belastung (als Frauen), das ist einfach so.“ Biologisch und historisch begründet, wie auch immer. Nicht nur um Gleichheit müsse die Frauenbewegung kämpfen, sondern hier und da auch um Ungleichbehandlung. Frauen sollten deshalb einen Abzug an den täglichen Ar beitsstunden im Betrieb fordern, ohne Lohneinbuße. Damit sie besser auf ihre Erzieherinnen–Rolle festlegbar werden, interpretierte eine Frau aus dem Saal. Von Udo Knapp, dem ehemaligem SDSler (und PL/PIler), heute Mitarbeiter bei den Grünen in Bonn, war zu erwarten, daß er „unschuldiges, wohlwollendes männliches Bewußtsein“ (Gisela Erler) darstellen würde. Den (männlichen) Zwischenruf aus dem Saal: „Brich doch mal mit der Männerrolle“, konterte er souverän: „Mach mir das mal vor“. An Frauenunterdrückung in der Studentenbewegung erinnerte er sich nicht, im Unterschied zu der Latzhosen–Zeit seien die Frauen damals widerspenstig und schön gewesen, einfach liebens–wert. Die Differenz zwischen den Geschlechtern, auch die Gewalt, könne da niemand hinwegreden, das müsse in einer „Auseinandersetzung“ gelebt werden. Die Frauenbewegung ernst nehmen, mit den Positionen streiten, bedeute nicht, ihr die Bedeutung abzusprechen - im Gegenteil. Was könnte die „feministische Strategie“ sein, auf der allein - so hatte die Veranstalterin zu Beginn Helge Sanders zitiert - eine Gemeinsamkeit zwischen politisch engagierten Männern und Frauen noch zustandekommen könne? Gisela Erler, die selber ihre zehn Jahre Studentenbewegung und Kinderkriegen wegen der Verletzungen weitgehend aus der Erinnerung verdrängt hat, griff die männliche Politik–Form an: die entprivatisierenden Verkehrsformen und Utopien. Es gebe „noch immer keine weibliche Öffentlichkeit“. Die Frauen hätten die Wohngemeinschafter verloddern sehen, als sie ihre Qualifikationen verweigerten: für Lebensfreude sich verantwortlich fühlen, für Stabilität, Wärme, Schönheit arbeiten. „Von selbst verrottet alles.“ Auch bei den Grünen sieht sie die abstrakte Automaten–Ökologie, eigentlich heiße aber Ökologie übersetzt „Haushalts–Logik“, müsse im Alltag ansetzen, dort „sozialer Prozeß“ werden. Feministische Politik mit den Männern - das mochte auch Waltraud Schoppe nicht. Sie forderte von den Männern, über ihre Gewalttätigkeit zu reden, Frauen sollten sich zusammentun. Lieber die ökologischen Produkte im Haushalt „verschimmeln lassen“. Nichts habe sich verändert in den 18 Jahren, die Frauen treffe die derzeitige soziale Verarmung besonders hart, und sie wüßten, wo die Unterdrücker sitzen - dennoch „paktierten“ viele, würden Männer lieben. Was heißt dann also „feministische Strategie“? Udo Knapp hatte schon vorher den Verdacht geäussert, mit „Sprüchen draußen“ würden sich Frauen „in den Feminismus flüchten“, die doch zu Hause „dem Ollen die Hemden waschen“. Frauen an der Macht? Beispiele von Thatcher bis zur Bonner Fraktion der Grünen - nichts würde sich ändern an den Politik–Strukturen, leeres Gerede von den „friedlicheren Frauen“. Von ihm aus könnten sie alle Posten haben: „Wenn ihr so blöde seid - bitteschön. Treten wir zurück.“

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