: Hassemer will Marx und Engels fluten
■ Pläne für die Stadtmitte: Vier Ministerien sollen untergebracht und der Spreeverlauf geändert werden
Berlin. Dort, wo bislang noch die beiden Ahnherren des Sozialismus, Karl Marx und Friedrich Engels, gußeisern gen Osten schauen, soll zukünftig Spreewasser plätschern. Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer will den Fluß stärker als »stadträumliche Chance wahrnehmen« und hat dabei einen Wasserarm vor Augen, der auf das Gebiet des jetzigen Marx-Engels-Forums führt. Denkbar ist für ihn auch eine Verbreiterung der Spree. Wie er gestern erklärte, soll sie auf jeden Fall zu einer attraktiven Verbindung zwischen den beiden zukünftigen Regierungsvierteln auf der Spreeinsel und am Spreebogen ausgebaut werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses befürwortet Hassemer den Bau höherer Häuser neben dem Bahnhof Friedrichstraße. Dort, wo bereits Mies van der Rohe seinen Glasturm geplant hatte, sei eigentlich die Einhaltung der Traufhöhe stadtplanerisch sinnvoll, doch will der Senator dem Welthandelszentrum ein bauliches Pendant entgegensetzen. Aus dem gleichen Grund plädiert er auch für die Hochhaus-Erweiterungsbauten des Springerkonzerns und der GSW in der südlichen Friedrichstadt.
Im Zentrum der Stadt sollen, nach Hassemers Worten, zukünftig vier Bundesministerien ihren Sitz haben. Für das Gebäude des Außenministeriums der DDR erwartet er den Abrißantrag, das zukünftige Außenministerium will er im ZK-Gebäude unterbringen. Zu diesem Zweck könnte auch »die Verlegenheitswiese« davor bebaut werden. Das Staatsratsgebäude reicht, nach seiner Einschätzung, für das Bundesinnenministerium aus. Zwei weitere kleinere Ministerien will er im Marstall, im ehemaligen Kulturministerium und im Stadthaus unterbringen. Letzteres hatte der Senat ursprünglich für sich reserviert, doch findet Hassemer eine solche Nutzung nicht angebracht.
Zwischen dem zukünftigen Außenministerium und dem zukünftigen Sitz des Bundespräsidenten, dem Kronprinzenpalais, will Hassemer die Bauakademie wieder aufbauen, die, wie das Stadtschloß, im und nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Für das Operncafé im Kronprinzenpalais, das die Umzugspläne des Bundespräsidenten stört, soll im Rahmen eines »Ringtausches« eine andere Bleibe gefunden werden. Den Marx-Engels-Platz will Hassemer von der Nutzung für Regierungs- und Parlamentsbauten freihalten, allerdings ist zwischen Bonn und Berlin noch strittig, wie hoch der Raumbedarf der Ministerien im Stadtmittebereich sein wird.
Mittlerweile macht sich Hassemer auch für einen Vorschlag stark, den die Grünen eingebracht haben. Um an die Berliner Mauer zu erinnern, kenne er »keine bessere Idee«, als ihren früheren Verlauf durch einen Kupferstreifen in der Stadtlandschaft zu markieren. dr
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