Hartz-IV-Änderungen verabschiedet: Bürokratieabbau und Sanktionsdruck
Gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete der Bundestag am Donnerstagabend die Reform. Ziel: mehr Zeit für Beratung und Vermittlung in den Jobcentern.
Das Gesetz fasst Änderungen und Vereinfachungen zusammen, die zu weniger Bürokratie führen sollen. Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt, dass Alleinerziehenden Geld abgezogen werden sollte für die Zeit, in der das Kind beim getrennt lebenden Partner ist. Nach massiver Kritik der Opposition und von Sozialverbänden hatte Nahles diese Regelung gestrichen. Sozialverbände und Opposition fordern eine Pauschale für die Mehraufwendungen getrennt lebender Eltern.
Grüne und Linksfraktion brachten jeweils eigene Anträge ein. Sie kritisierten unter anderem, dass die Sondersanktionen für Hartz-IV-Empfänger unter 25 nicht abgeschafft werden. Den jungen Arbeitslosengeld-Beziehern können die Leistungen für den Lebensunterhalt und die Wohnung in zwei Schritten bis auf null gekürzt werden, wenn sie ihre Pflichten verletzen. Bei Erwachsenen ist das schwieriger.
Der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen. Dort haben Union und SPD allein nicht die Mehrheit, sondern sind auf die Zustimmung von grün-mitregierten Ländern angewiesen.
Rund 4,3 Millionen Menschen in Deutschland beziehen Hartz-IV-Leistungen. Arbeitsministerin Nahles rechnet damit, dass bis 2019 rund eine Million Flüchtlinge hinzukommen. Angesichts der wachsenden Zahl sollen die Jobcenter mehr Zeit für Beratung und Vermittlung bekommen. So sollen sie beispielsweise Leistungsbescheide nur noch einmal im Jahr statt jedes halbe Jahr berechnen und versenden. Ein anderes Beispiel: Die rückwirkende Korrektur fehlerhafter Bescheide soll abgeschafft werden. Solche Vereinfachungen führten zu Nachteilen für die Betroffenen, kritisiert die Opposition: Sie bekommen dann auch rückwirkend kein Geld zurückgezahlt, das ihnen eigentlich zugestanden hätte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind