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Archiv-Artikel

Happy Birthday Brunswick

Das Filmfest Braunschweig feiert noch bis Sonntag Abend den 20. Geburtstag

20 Jahre sind für ein lokales Filmfestival ein stattliches Alter, und es sah vor einiger Zeit kaum so aus, als würde das Filmfest in Braunschweig diese runde Zahl erreichen. Wie überall wurden Fördermittel drastisch gekürzt, und es ist nur der Sturheit von einigen Getreuen zu verdanken, dass das Festival über die Krise herübergerettet wurde und nun seit einigen Jahren sowohl beim Publikum wie auch in der Branche einen guten Namen hat.

Da lässt es sich bis zum 12. November um so besser feiern, und so wurden einige von den vielen Filmschaffenden, die in den vergangenen 19 Jahren in der Stadt zu Gast waren, jetzt wieder eingeladen. Und zwar, um ihre aktuellen Produktionen zu präsentieren. In der „You must remember this“ benannten Programmschiene zeigt etwa Michael Verhoeven, der 1993 „Eine unheilige Liebe“ vorstellte, nun seinen neuen Film „Der Unbekannte Soldat“ (es gab auch noch „Das schreckliche Mädchen“ und „Die weiße Rose“, man kann also seine Filme schon am Duktus der Titel erkennen). Dem schweizer Dokumentarfilmer Richard Dindo, zu dessen Werken eine filmische Rimbaud-Biografie sowie ein Film über „Che“ Guevara, gehören, war 1998 eine Werkschau gewidmet, und nun bringt er sein neues Filmporträt „Wer war Kafka?“ mit nach Braunschweig. Rudolf Thome, einer der Überlebenden des einstigen neuen deutschen Films, war 1989 einer der ersten Gäste des Filmfests und hat in den nächsten 17 Jahren noch nicht einmal seinen Hauptdarsteller gewechselt. Johannes Herrschmann spielte damals in „Sieben Frauen“ und jetzt wieder in „Du hast gesagt, dass du mich liebst“das alter ego des Filmemachers (und das ist bei der Beweislage wohl mehr als nur eine Vermutung). Die 90er waren die große Zeit des isländischen Regisseurs Fridrik Thór Fridriksson, dessen wilden Kinosagas wie „Children of Nature“ oder „Devil‘s Island`` 1996 gesammelt in Braunschweig zu sehen waren. Jetzt zeigt der vielleicht ja zu Unrecht in Vergessenheit geratene „Kinowikinger“ sein neues Werk mit dem für ihn verdächtig untypischen Titel „Niceland“.

Ein hässliches, für Kinofreunde völlig belangloses, bei den Entscheidungen über Festivalförderungen aber entscheidendes Schlagwort ist „Alleinstellungsmerkmal“. „Was ist denn nun so Besonderes an Eurem kleinen Festivalladen?“ fragen da die knauserigen Kulturmanager, und ein gutes Programm reicht längst nicht als Antwort. Also haben die Braunschweiger ganz pfiffig den Programmschwerpunkt „Musik & Film“ entwickelt, und zudem noch mit dem „Leo“ einen Preis für die „am besten gelungene Verbindung von Filmbild und Musik/Ton in einem Kurzfilm“kreiert. Das ist zugegeben schon sehr speziell, aber bei der Filmmusik haben sie inzwischen ein gutes Händchen bewiesen. In den letzten Jahren stellten international renommierte Filmmusiker wie Zbigniew Preisner und Craig Armstrong hier ihre Arbeiten vor und diesmal begleitet mit Carl Davis der berühmteste Stummfilmkomponisten unserer Zeit Filme von Chaplin und Douglas Fairbanks in „Der Dieb von Bagdad“ live mit großem Orchester.

Ein „Der Heinrich“ genannter Publikumspreis wird unter den Debüt- und zweiten Filmen von europäischen Filmemachern vergeben, (daraus auch das Foto von Ewan McGregor in „Scenes of a sexual nature“). In der beliebten Reihe „Neues internationales Kino“ sind in diesem Jahr unter anderen die neuen Filme von Ken Loach, Aki Kaurismäki, Robert Altman und Steve Buscemi zu sehen, und in der traditionell guten Auslese, die die Festivalorganisatoren für das Programm „Neue Deutsche Filme“ machen, findet sich diesmal der am Steinhuder Meer gedrehte „Sieh zu Dass Du Land gewinnst“ von Kerstin Ahlrichs, über den zu einem späteren Zeitpunkt extra in der taz berichtet wird.

Wilfried Hippen