Hannover 96 will den Abstieg vergessen: Vergessen mit frischer Farbe

Hannover 96 setzt unter Trainer Daniel Stendel zu Saisonbeginn alles auf den Wiederaufstieg in die Erste Liga. Und hat schon mal die Kabinen neu gestrichen

Will einfach nur, dass seine Leute Tore schießen: Trainer Daniel Stendel Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Sie wollen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht erneut absacken – so wie nach dem Abstieg aus der Ersten Bundesliga. Das Team von Hannover 96 arbeitet hartnäckig an sich, um in der neuen Saison ganz oben in der Tabelle zu stehen.

Der Verein hat dafür seinen Spielerkader stark verjüngt. Sogar die Umkleidekabine, in der noch der Abstiegsmuff in der Luft hing, wurde frisch gestrichen. „Das Wichtigste ist, dass wir unsere Vergangenheit mit dem Abstieg abstreifen können“, sagt Hannover 96-Geschäftsführer Martin Bader. „Wir wollen versuchen, vergessen zu machen, was man eigentlich nicht vergessen kann.“

Das wäre natürlich schön: Ein paar neue Spieler eingekauft, ein neuer Anstrich im eigenen Stadion – und los geht die Reise in Richtung Erste Liga. Bei den Entscheidern der anderen 17 Zweitligisten herrscht tatsächlich die Meinung vor, dass 96 innerhalb kürzester Zeit wieder aufsteigen sollte. Weil der Verein wirtschaftlich auf gesunden Füßen steht. Und weil die Offensive der Mannschaft von Trainer Daniel Stendel erstaunlich gut besetzt ist – unter anderem mit dem Polen Artur Sobiech sowie den Neuzugängen Niclas Füllkrug (1. FC Nürnberg) und Martin Harnik (VfB Stuttgart).

Dummerweise wird die sehr angriffslustige Taktik von Stendel dadurch belastet, dass die runderneuerte Mannschaft von Hannover 96 zwar viele Tore schießt, aber auch ganz schön viele kassiert. Bis zum Saisonstart an diesem Freitag im Spiel beim 1. FC Kaiserslautern hat Stendel Zeit, um nach einer Lösung für dieses grundlegende Problem zu suchen.

Der Besuch eines ganz normalen Trainingstages von Hannover 96 ergibt, dass mit Stendel, der einst selbst Stürmer dieses Vereins war, ein junger und sehr leidenschaftlicher Übungsleiter die Verantwortung übernimmt. Der 42-Jährige hat während der Saisonvorbereitung nicht seine Assistenten die Arbeit machen lassen, sondern war ständig mitten im Geschehen. „Leute, wir wollen Tore schießen“, ruft er immer wieder über den Rasen.

Mit Stendel ist die Hoffnung verbunden, dass ein in Hannover fest verwurzelter Mann im Stadion am Maschsee wieder ansehnlichen Fußball spielen lässt. Und dass sich die Menschen wieder mit ihrem Verein identifizieren. Die Vorfreude der 96-Fans ist groß. Mehr als 20.000 Dauerkarten sind verkauft. Für Stendel bedeuteten diese Vorschusslorbeeren aber auch, dass in seiner ersten Saison als Profitrainer hohe Erwartungen auf ihm lasten.

Die Erste Liga ist ein gesetztes Ziel. Druck macht auch der Präsident, Mäzen und Hauptgesellschafter des Vereins. Für Martin Kind ist der sofortige Wiederaufstieg alternativlos. Falls er nicht gelingt, müsse alles infrage gestellt werden. Das klingt wie eine Drohung und macht die Sache nicht leichter.

Für 96-Präsident Martin Kind ist der sofortige Wiederaufstieg alternativlos

Geschäftsführer Bader wählt diplomatischere Worte, wenn er das hohe Saisonziel des Clubs in Worte fasst. „Hannover 96 will zurück. Darauf waren alle Transferaktivitäten und vieles mehr im Hintergrund ausgerichtet“, sagt Bader, der leistungsbereite Spieler anheuern, den Pinsel schwingen und den gesamten Verein neu sortieren lässt.

Die Saison in der Zweiten Liga zwingt ganz Hannover, grundlegend umzudenken und sich umzustellen. Das erste 96-Heimspiel gegen Greuther Fürth am 14. August wird nicht – wie zu Erstliga-Zeiten üblich – an einem Samstag um 15.30 Uhr, sondern – den Gepflogenheit der Zweiten Liga gehorchend – bereits um 13.30 Uhr angepfiffen. Für die gesamte Stadt bleibt das mit einer grundlegenden Umstellung ihres Biorhythmus verbunden. Schmeckt das Bier wirklich schon zur Mittagszeit? Erst einkaufen und dann ab zu 96 ins Stadion oder künftig besser umgekehrt? Fragen wie diese klingen trivial. Aber Hannover war als umjubelter Erstligist immerhin 14 Spielzeiten lang in Folge eine große Nummer im deutschen Fußball.

Sich jetzt hinten anzustellen und umzugewöhnen wird nicht so einfach sein. Verein und Mannschaft hoffen auf eine Art Aufbruchstimmung, die Stendel erzeugen soll. Die neue Farbe in der Umkleidekabine soll das nur unterstützen.

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