Handy-Nutzung und Hirnkrebs: Ein entschiedenes Sowohl-als-auch
Die bisher größte Untersuchung zu möglichen Verbindungen zwischen Handy-Gebrauch und Hirnkrebs hat Widersprüchliches hervorgebracht. Nun wird das Ergebnis einer noch größeren Studie erwartet.
LONDON rtr/taz | Die bisher größte Untersuchung zu möglichen Verbindungen zwischen Handy-Gebrauch und Hirnkrebs hat keine klaren Ergebnisse gebracht. In die über zehn Jahre laufende Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Daten von fast 13.000 Handy-Nutzern aus 13 Ländern - darunter auch Deutschland - eingeflossen. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob der Gebrauch von Mobiltelefonen das Krebsrisiko erhöht.
"Die Ergebnisse erlauben wirklich nicht den Schluss, dass von der Handy-Nutzung ein Risiko ausgeht", sagte der Direktor der Internationalen Behörde für Krebsforschung (IARC) der WHO, Christopher Wild, am Sonntag. Für eine Entwarnung sei es aber auch zu früh. "Es wäre voreilig zu sagen, dass mit der Handy-Nutzung kein Risiko verbunden ist."
Klar ist aber auch: Wenn die Forschung trotz des großen Aufwandes solche Mühe hat, ein Resultat zu finden, dann kann der schädigende Effekt der Handystrahlung nicht besonders groß sein. Sollte also die Forschung noch einen Zusammenhang entdecken, ist wohl davon auszugehen, dass er praktisch nur wenig relevant ist.
Die Ergebnisse der Großstudie waren mit Spannung erwartet worden - sowohl von Handy-Firmen als auch von Interessensgruppen, die in Mobiltelefonen eine Ursache von Hirntumoren vermuteten. Die Studie wurde zum Teil mit Geldern der Mobilfunkindustrie finanziert. Die 21 Forscher mussten nun einräumen, dass ihre Untersuchung eine klare Antwort schuldig bleibt.
Ein Problem sei, dass die Studie bereits im Jahr 2000 gestartet wurde. Im Untersuchungszeitraum sei die Handy-Nutzung noch deutlich geringer gewesen als heute. Selbst die besonders intensiven Mobiltelefonierer in der Studie hätten ihr Handy im Schnitt nur eine halbe Stunde am Ohr gehabt.
Inzwischen nutzten gerade junge Leute ihr Handy eine Stunde oder mehr am Tag. Allerdings seien die modernen Mobiltelefone auch strahlungsärmer, es werde mehr über SMS kommuniziert und es würden verstärkt Headsets eingesetzt.
Eine weitere Schwäche der Untersuchung sei, dass die Teilnehmer - eine Gruppe von Personen mit Hirntumoren und eine Kontrollgruppe Gesunder - im Nachhinein nach ihren Telefongewohnheiten befragt wurden. Daraus könnten Ungenauigkeiten resultieren, weil die Probanden sich irrten, räumten die Forscher ein.
Entgegen den weitläufigen Erwartungen kam bei der Studie heraus, dass Handy-Nutzer eher ein geringeres Hirnkrebs-Risiko hatten, als Personen, die nie ein Mobiltelefon benutzt hatten. "Wir können aber nicht einfach ausschließen, dass es keine Auswirkungen gibt", sagte die Forschungsleiterin Elisabeth Cardis.
Andererseits zeigten die Ergebnisse nämlich auch, dass Handy-Telefonieren über sehr lange Zeit das Erkrankungsrisiko leicht erhöhen könnte. Dieses Resultat gilt jedoch auch als unsicher.
Europäische Wissenschaftler starteten unlängst eine neue Studie, die mindestens eine Viertel Million Menschen in fünf europäischen Ländern nach ihrer gegenwärtigen Handy-Nutzung befragen soll. Sie gilt als genauer.
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