Handball: Anekdoten im Akkord
Bob Hanning managt nicht einfach nur die Füchse Berlin, er erschließt Märkte. Seine Strategie der gekonnten Penetranz hat den Handballklub in die Bundesliga geführt.
BERLIN taz Bob Hanning ist in den letzten Monaten zur leibhaftigen Jukebox geworden. Allerdings bekam man von ihm keine Musik, sondern kleine Geschichten zu hören. Anekdoten vom Triumphzug der Füchse Berlin, die heute Abend zum ersten Saison- und Heimspiel in der Handball-Bundesliga gegen HSG Nordhorn antreten. Nach 16 Jahren Zweit- und Drittklassigkeit ist ein Hauptstadtverein wieder in der Eliteliga dabei. Dass es so kommen wird, hatte Hanning, der Manager der Füchse, bereits bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren angekündigt.
Die Journalisten gaben sich bei ihm zuletzt die Klinke in die Hand und stellten Fragen über Fragen, um ihm vielleicht einen Schwank zu entlocken, den noch kein anderer für seine Erfolgsstory zum Besten gegeben hatte. Aber bereits nach kurzer Zeit war allen das ganze Repertoire bekannt.
Jede Geschichte folgt dem gleichen Grundmuster. Hanning erzählt, wie es war, als er bei den Füchsen anfing und wie es heute ist. Damals rangierten die Füchse mit einem Etat von 100.000 Euro in der unteren Hälfte der zweiten Liga und mussten um ihre Lizenz bangen. Heute starten sie in die erste Liga mit einem Budget von 2,7 Millionen Euro. Ein himmelweiter Unterschied, den Hanning anhand seiner Anekdoten noch imposanter erscheinen lässt.
Meist steigt der 39-Jährige mit der Geschichte vom Schuhkarton voller Rechnungen ein, den er im Jahre 2005 vorfand. Für das muffige Vereinsbüro im Bezirk Lichtenberg musste er sich sogar ein Telefon und Faxgerät leihen. Inzwischen logieren die Füchse bestens ausgestattet am Gendarmenmarkt in Mitte, an einem der prestigeträchtigsten Plätze der Stadt. Oder Hanning erinnert sich daran, wie sich in der Aufbauphase des Projekts seine Eltern für 2 von insgesamt 17 Dauerkarten erbarmten. Vor dem heutigen Spiel haben die Füchse bereits 1.250 Abos verkauft. Zum Klassiker geworden ist die Geschichte von der ersten Weihnachtsfeier, zu der keiner kommen wollte, obwohl man für 10 Euro Spaghetti und Bier in unbegrenzten Mengen zu sich nehmen konnte. Zwölf Monate später traten sich 600 Leute gegenseitig auf die Füße.
All diese Anekdoten verbreitet Hanning unermüdlich. Er stellt mit Bedauern fest, dass man den Markt noch nicht komplett durchdrungen habe. "Jeder Taxifahrer in der Stadt muss wissen, dass es uns gibt, dann weiß es auch jeder Berliner", sagt er. Die Botschaft von Hanning lautet: Ich werde nicht ruhen, solange nicht jeder die Füchse kennt.
Hanning als Öffentlichkeitsarbeiter zu bezeichnen, wäre eine maßlose Untertreibung. Er ist vielmehr ein Öffentlichkeitsbelagerer. Er ist überall. Und nebenbei schließt er einen Sponsorenvertrag nach dem anderen ab. Gerade, so Hanning, stünde er mit drei potenziellen Geldgebern kurz vor der Einigung. Die Partner wollten den Füchsen jeweils einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung stellen. Einer dieser Sponsoren hat es Hanning ganz besonders angetan. Er verrät zumindest so viel: Es handle sich dabei um eine Lebensmittelkette, in deren Geschäfte man neben Butter und Milch auch Eintrittskarten für die Bundesligaspiele in der Schmeling-Halle erstehen könnte.
Es ist auffällig, wie wenig bislang über die Leistungen des Füchse-Teams auf dem Feld geredet wurde. Trainer Jörn-Uwe Lommel behauptet, ihm sei das egal. "Ich möchte nur meine Arbeit machen." Die Sache beginnt also erst jetzt so richtig interessant zu werden. Die Füchse befinden sich in der ersten Liga finanziell und sportlich mit fünf bis sechs Teams auf Augenhöhe. Um in der weltbesten Liga mithalten zu können, haben sich die Füchse branchenüblich verstärkt: Sie holten unter anderem einen holländischen, norwegischen und einen ägyptischen Nationalspieler: Marc Bult, Kjetil Strand und Hany El Fakharany. Hanning sagt, er sei sehr gespannt.
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