Handball-Champions-League: Kanonenkugel im Arm

Weil der Franzose Karabatic die Saison seines Lebens spielt, steht Kiel vorm Gewinn der Champions League.

Kanonenkugel oder doch nur ein ganz normaler Ball? Bild: ap

HAMBURG taz Der Mann hat mächtig Eindruck hinterlassen. "Unter den Deutschen erstrahlte Karabatic in einem eigenen Licht. Der Franzose erwies sich über die gesamte Spielzeit als widerspenstig und beschoss das gegnerische Tor auf jede nur vorstellbare Weise", dichtete die spanische Sportzeitung Marca nach dem Finalhinspiel in der Handball-Champions-League. Kein Einzelfall. Als der Turnverein Hassee-Winterbek Kiel, also der THW am vergangenen Sonntag mit dem 29:27-Sieg beim spanischen Meister BM Ciudad Real die Basis zur Titelverteidigung gelegt und Karabatic neun Tore beigesteuert hatte, bestaunte die Fachpresse den 24-jährigen Rückraumspieler wie ein Naturphänomen.

Der Franzose habe "eine Kanonenkugel im Arm", rieb sich ein Lokalblatt die Augen, "unaufhaltsam im Spiel eins gegen eins", rühmte El País. Alle waren sich einig: In dieser Form ist Nikola Karabatic der beste Handballer dieses Planeten. Und Kiel auch beim Rückspiel am Sonntag in der Ostseehalle (18 Uhr, live bei Eurosport) kaum zu schlagen.

Dabei ist der Mann ziemlich müde. Als der THW Kiel vor zehn Tagen in Berlin nur zu einem glücklichen 27:26-Sieg kam, schien Karabatic die Kraft verlassen zu haben. Und im Heimspiel gegen Nordhorn wunderte sich Kiels Coach Noka Serdarusic darüber, dass Karabatic sich ohne Proteste habe auswechseln lassen. Dennoch legte Karabatic diese monströse Leistung gegen die Spanier hin. Karabatic, der wegen Sprunggelenkschmerzen seit Wochen kaum trainiert, hatte all dies prophezeit: "Natürlich bin ich müde, aber ich spiele trotzdem die beste Saison, seitdem ich Handball spiele. Und wenn dies das Resultat ist, will ich immer so müde sein."

Der Rechtshänder, der im Sommer 2005 aus Montpellier an die Kieler Förde wechselte, verkörpert eine unfassbare Siegermentalität. Mit 24 hat er bereits 20 Titel gewonnen, darunter 6 nationale Meisterschaften und 2 Champions-League-Triumphe. Dass vor dem Duell der beiden besten Teams der Welt der spanische Meister als Übermannschaft und Weltauswahl gerühmt wurde, reizte Karabatic nur noch mehr. Dass die Fachwelt die Spanier als überragende Individualisten einstufte, machte ihn rasend. Er wollte unbedingt allen zeigen, dass er der beste Spieler ist. Und dass der THW das beste Team ist.

Gleichzeitig ist er ein Sozialromantiker seines Sports. Als er im vergangenen Jahr ein finanziell traumhaftes Angebot aus Ciudad Real ablehnte und stattdessen bis 2012 in Kiel verlängerte, begründete er dies auch mit der fantastischen Stimmung in der Ostseehalle und in den anderen deutschen Hallen. "Mit dem THW habe ich meinen Traumverein und auch meine zweite Familie gefunden. Für mich stimmt hier alles", sagte er damals.

Natürlich musste sich der THW Kiel auch strecken, um seinen Superstar zu halten. Als Manager Uwe Schwenker den Klubgesellschaftern die Konditionen für die Vertragsverlängerung vorlegte, musste manch einer von ihnen schlucken.

Gut eine halbe Million Euro brutto jährlich, "das war eine neue Dimension", sagte Georg Wegner, der Deutsche Meister von 1962 und 1963. "Aber für mich war das angesichts seiner körperlichen und mentalen Stärke ein überschaubares Risiko", erklärt Schwenker. "Meine Philosophie ist ohnehin die: Wenn ein Spieler billig ist, dann ist er letztendlich doch teuer." Das Investment Karabatic hat sich aber für alle Beteiligten gelohnt.

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