: Hamm-Brücher stellt sich vor Johannes Rau
■ Kandidatin hilft Kandidat
Frankfurt (AP) – Im Streit um SED-Kontakte von Sozialdemokraten hat sich die FDP-Präsidentschaftskandidatin Hildegard Hamm-Brücher demonstrativ vor den SPD-Mitbewerber Johannes Rau gestellt. Bundeskanzler Kohl warf sie „Wahlkampf mit dem Knüppel der nationalen Unzuverlässigkeit“ vor. Für den Fall, daß die „infamen“ Angriffe gegen Rau fortgesetzt würden, kündigte sie einen gemeinsamen Appell der vier Präsidentschaftskandidaten an die Verantwortlichen an.
CDU-Generalsekretär Peter Hintze erklärte, die Union werde einen harten Wahlkampf gegen die SPD führen. Ihre Wahlkampfmunition werde sie dabei aber nicht aus Stasi-Unterlagen beziehen. Doch dürfe die Politik über eine wichtige Diskussion nicht den Mantel des Schweigens breiten. Bundesfrauenministerin Merkel warf Rau vor, er sei die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, ob die Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf ihre SED-Kontakte benutzt hätten, das Flüchtlingsproblem in Berlin „zum Vorteil der SPD auszuwerten“.
Unterdessen berichtete das Deutschlandradio Köln aus einer noch unveröffentlichten Bundestagsstudie, die SED habe jahrzehntelang Einfluß auf Bonner Parteien nehmen können. Mit Auszügen aus SED-Dokumenten seien in der Untersuchung des Berliner Historikers Jochen Staadt nicht nur die Absprachen des SPD-Politikers Egon Bahr mit der Ostberliner Führung belegt, sondern auch Kontakte von CDU und den Grünen in den 80er Jahren.
Hamm-Brücher kritisierte besonders die Äußerung Kohls, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rau habe Verrat an der deutschen Einheit begangen. „Wenn ein so ehrenhafter Mann wie Johannes Rau mit dem Odium nationaler Unzuverlässigkeit belegt wird, dann erinnert das schon an die politischen Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik“, sagte Hamm-Brücher.
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