piwik no script img

Hamburger Szene von Lena KaiserWenn sich Wege kreuzen

„Diese Salafisten mag wirklich keiner“, sagt mein Freund später am Abend

Ganz in Gedanken laufe ich den Gehweg entlang. Die Nachmittagssonne steht tief und spiegelt sich auf den Fleeten. Hier an der Ecke Großer Burstah/Börsenbrücke liegen blumige Aromen des Teeladens in der kühlen Luft. Es muss lange her sein, dass ich das letzte Mal in so einem Teeladen war. Ehe ich mich versehe, kommen zwei Typen schnurstracks auf mich zu.

Ich habe sie nicht rechtzeitig wahrgenommen. Damit wir nicht gegeneinanderstoßen, weiche ich im letzten Augenblick aus. Was bleibt, ist eine Irritation. Die beiden, lange Bärte, beige weite Hemden und Hosen, schauen ziemlich finster drein.

Ein anderer Mann fährt mit seinem Rad einen Bogen auf dem Fahrradweg. Er will das Geschehen nicht unkommentiert lassen und sagt zu mir: „Das war aber nicht nett.“ Habe ich irgendwas falsch gemacht? Ich schaue ihn fragend an.

Nein. „Die beiden Herren haben Ihnen ja überhaupt keinen Platz gemacht“, sagt er. „Stimmt“, erwidere ich. Aber das passiert mir ja nicht zum ersten Mal. „Die sahen ganz schön nach Salafisten aus“, sage ich und wundere mich doch, wie schnell mir dieser Gedanke über die Lippen ging.

„Das ist ja gerade das Schlimme“, sagt er. Er radelt weiter und schüttelt den Kopf. Auch ich gehe weiter und die beiden Bärtigen sind sowieso schon über alle Berge. Zu gerne würde ich wissen, wo sie wohl hingegangen sind.

Später am Abend sagt mein Freund, dem ich von meiner Begegnung berichte: „Diese Salafisten mag wirklich keiner.“ Es ist knapp einen Monat her, dass das Bundesinnenministerium mit einer bundesweiten Großrazzia gegen die salafistische Szene auch in Hamburg vorging.

Ihre Koran-Verteilstände „Lies!“ darf die radikal-salafistische Vereinigung „Die wahre Religion“ nicht mehr in der Innenstadt aufstellen. Aber der Bürgersteig, den sie ungern mit mir teilen, der bleibt ihnen noch.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen