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Hamburg für mehr Länderkompetenzen

■ Regierungschef Voscherau klagt über ungerechten Länderfinanzausgleich / DDR soll nicht einbezogen werden / Bayerns Ministerpräsident Streibl legt neuen Vereinigungsplan auf den Tisch

Hamburg (dpa/ap) - Mehr Kompetenzen und eine stärkere Finanzausstattung der Länder in einer künftigen gesamtdeutschen Verfassung hat der Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) gefordert: „Wir brauchen eigene, vom Bund unabhängige, dynamisch mitwachsende Einnahmequellen.“ Hamburg klagt seit Jahren über eine ungerechte Finanzverfassung des Bundes, in der vor allem die Stadtstaaten Hamburg und Bremen zur Kasse gebeten werden.

Voscherau forderte zugleich den sofortigen Abbau von Steuervergünstigungen für die private Wirtschaft in West -Berlin. Investitionen in der DDR sollten außerdem durch einen befristeten Spitzensteuerzuschlag, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die sofortige Abschaffung der Zonenrandförderung und den Abbau der Berlin-Zuschüsse finanziert werden. Eine sofortige Einbeziehung der DDR in den Länderfinanzausgleich lehnte er ab.

Solange nicht die Gestaltungskompetenzen der einzelnen Länder geklärt seien, sei es absurd, Patentvorschläge für eine Neugliederung des Gebiets in den beiden deutschen Staaten vorzubringen, sagte der Regierungschef weiter. Voscherau reagierte damit auf einen Vorschlag des Hamburger Bundessenators Horst Gobrecht (SPD), die Zahl der Bundesländer auf fünf zu reduzieren und die Länder in der DDR auf zwei zu beschränken.

In der DDR müßten jedoch so schnell wie möglich Länder gebildet werden, um auch dort eine föderale Kraft zu schaffen. Der von DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere (CDU) genannte Zeitpunkt 1991 sei „viel zu spät“. Vorschläge unter anderem des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Björn Engholm (SPD), die Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Hamburg zusammenzuschließen, finden nicht die Zustimmung Voscheraus.

Der bayerische Ministerpräsident Max Streibl hat einen neuen Plan zur deutschen Einigung vorgelegt. In der 'Bild am Sonntag‘ schlug der stellvertretende CSU-Vorsitzende vor, nach den für den Herbst geplanten Landtagswahlen in der DDR sollten die DDR-Länder geschlossen ihren Beitritt zur Bundesrepublik nach Artikel 23 erklären. Damit könne die deutsche Einheit schon in diesem Herbst vollzogen werden. Als Termin für die ersten gesamtdeutschen Wahlen nannte Streibl den Spätherbst 1991. Den Vorstoß von FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff, die laufende Legislaturperiode des Bundestages bis zum Frühjahr 1991 zu verlängern, kritisierte Streibl als „eine Aktion, nur um Schlagzeilen zu machen“.

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