Halbzeit der schwarz-grünen Regierung: Ole von Beusts Restlaufzeit
Die SPD zieht miserable Halbzeitbilanz der CDU-GAL-Koalition: Desolater Haushalt, hohe Kriminalitätsrate und Zwergenaufstand gegen den Bürgermeister.
Wer ganz spät kommt, den belohnt das Leben manchmal. Ihre Halbzeitbilanz von zwei Jahren schwarz-grüner Koalition zog die SPD-Fraktion erst am gestrigen Freitag - und so konnte sie genüsslich den Schulkonsens ebenso wie den Rücktritt von CDU-Finanzsenator und Parteichef Michael Freytag mit in die Abrechnung aufnehmen. Und die fiel drastisch aus.
"Atemberaubend" findet Fraktionschef Michael Neumann die durch Freytags Rücktritt losgetretene Personaldebatte in der CDU. "Die demontieren das Einzige, was sie noch haben: Ole von Beust", konstatiert Neumann. Die höheren Ambitionen von Innensenator Christoph Ahlhaus und Fraktionschef Frank Schira erinnern ihn an "zwei Zwerge, die einen Riesen stürzen wollen". Gleichwohl schade es dem Amt, wie die CDU "die Restlaufzeit ihres Bürgermeisters" zur Diskussion stelle.
Zudem attestierte Neumann der CDU "ein Versagen in ihren Kernkompetenzen Innere Sicherheit und Finanzen". Die Kriminalitätsrate sei wieder auf dem Stand von 2001, bevor Schwarz-Schill mit harter Hand für Ordnung zu sorgen versprach. Und die "desolate Haushaltslage" beweise, so der Oppositionsführer, "dass die Schwarzen eben nicht mit Geld umgehen können". Der Fast-Kollaps der HSH Nordbank, die Kostenexplosionen bei Elbphilharmonie, U 4 oder Ortsumgehung Finkenwerder sowie die Neuverschuldung von sechs Milliarden Euro seien dafür Belege.
Neumann schließt nicht aus, dass die Elbphilharmonie Thema eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) werden wird. Zurzeit würden die beim Senat angeforderten Akten von seinen beiden Vizes Dorothee Stapelfeldt und Peter Tschentscher geprüft. Nach den Ferien Ende März werde die Fraktion dann auf Grundlage ihres Berichts darüber befinden.
Der SPD-Obmann im bereits arbeitenden PUA Nordbank, Thomas Völsch, stellte klar, dass Freytag nach seinem Rücktritt als Finanzsenator ein wichtiger Zeuge bleibe. Sogar neue Sichtweisen will Völsch nicht ausschließen: "Möglicherweise muss der Bürger Freytag nicht die Rücksichten nehmen, die der Senator Freytag genommen hätte." Auch geht Neumann davon aus, dass Freytag und von Beust "den katastrophalen Zustand" der Bank vor der Wahl am 24. Februar 2008 bewusst verschleierten: "Der Bürgermeister hat die Stadt hinters Licht geführt."
Die GAL war für Neumann nur auf Nachfrage der Journalisten ein paar Worte wert. "Die verwalten nur die Stadt, die gestalten nicht." Um überhaupt grüne Projekte zum Erfolg zu bringen, brauche die Koalition, wie in der Schulpolitik, die Opposition: "Wenn es dem Wohl der Stadt dient", versicherte Neumann, "wird die SPD wie bisher ihre Zusammenarbeit anbieten".
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