Haftdauern : Verbotenes Argument
Dass Gerichte die Justiz wegen deren Umgangs mit Untersuchungs- und Strafgefangenen maßregeln, gehört zum justiziellen Alltag, nicht nur in Hannover. Leider ist ebenso alltäglich, dass diese Rügen ohne große Konsequenzen bleiben. In Hamburg beispielsweise hat Landgerichtspräsident Volker Öhlrich vorige Woche neun Fälle aufgelistet, in denen Strafgefangenen trotz entsprechender Urteile Hafterleichterungen verwehrt worden waren.
KOMMENTAR VON ELKE SPANNER
Die angegriffenen Gerichte, Vollstreckungskammern oder Anstaltsleiter wehren sich gegen die Kritik zumeist, indem sie sich auf Sachzwänge berufen: Dann sind die Gefängnisse zu überfüllt, um Insassen in Einzelzellen unterzubringen, oder die Gerichte zu überlastet, um zügig über Untersuchungsgefangene zu urteilen.
Sich auf Sachzwänge zurückzuziehen, ist indes ein Reflex, der staatlichen Stellen verwehrt sein müsste. Die Justiz ist immerhin eine Säule des Rechtsstaates und muss zunächst einmal selbst ordnungsgemäß funktionieren. Die Gerichte verurteilen andere dafür, dass sie sich nicht rechtmäßig verhalten haben. Dazu ist aber nur eine Institution berechtigt, die sich selbst an die Gesetze hält.
Ein Ladendieb darf sich schließlich auch nicht auf den Sachzwang berufen, dass er gerade kein Geld zur Hand hatte, um seinen Einkauf zu bezahlen.