Haftbedingungen in Berlin: Hungerstreik in der JVA
In Berlin wird einem Gefangenen der Zugang zu linken Publikationen verweigert. Diese könnten seine Wiedereingliederung gefährden, heißt es.
Das bestätigt auch der Sprecher des Senatsverwaltung für Justiz auf taz-Anfrage. Im Rahmen einer Haftraumrevision seien mehrere Zeitungen und Druckschriften aus dem Haftraum von Krebs entnommen worden. „Dabei handelte es sich unter anderem um Infoblätter, die Bezüge zur linksextremistischen Szene aufweisen.“ Zurzeit werde überprüft, ob die Schriften der Wiedereingliederung des Gefangenen widersprechen, so der Sprecher weiter.
„Andreas wird seit seiner Ankunft in der JVA Tegel schikaniert. Post wird nicht ausgehändigt, ebenso Zeitungen und Bücher“, heißt es in einer Mitteilung von Anarchist Black Cross Dresden, einer Organisation, die weltweit Solidaritätsaktionen für Gefangene organisiert. Dazu zählt auch Andreas Krebs, der demnach fast 20 Jahre seines Lebens in Gefängnissen in verschiedenen Ländern, vor allem wegen Eigentumsdelikten verbrachte.
Autobiografie verweigert
„Er hat sich auch im Gefängnis nicht am System ‚Nach unten treten und nach oben buckeln‘ beteiligt“, sagt eine Unterstützerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, der taz. Vor zwei Jahren erschien Krebs’ Autobiografie „Der Taifun – Erinnerungen eines Rebellen“. Auch dieses Buch darf er aktuell nicht in seiner Zelle haben.
„Wenn einem Gefangenen seine eigene Biografie verweigert wird und er Zeitungen seiner Wahl nicht bekommen darf, geht es an das Existenzielle“, begründet Wolfgang Lettow das drastische Mittel des Hungerstreiks. Lettow ist Redakteur beim linken Magazin Gefangeneninfo. Das Magazin wird Krebs ebenso verweigert wie die Zeitung der Roten Hilfe.
Krebs selbst kündigt in einem Brief an, die Verweigerung der Essensaufnahme so lange fortzusetzen, bis ihm alle einbehaltenen Publikationen wieder ausgehändigt werden und er Zeitungen und Bücher seiner Wahl beziehen kann. „Einen Verhandlungsspielraum wird es diesbezüglich nicht geben“, so Krebs.
Unterstützer*innen verweisen auf seine durch eine schwere Nierenerkrankung angeschlagene gesundheitliche Situation und rufen dazu auf, sich mit Mails an die Senatsjustizverwaltung für eine rasche Umsetzung seiner Forderungen einzusetzen. Am Montag beraten ab 17 Uhr im Neuköllner Stadtteilladen Lunte in der Weisestraße 53 Unterstützer*innen über weitere Solidaritätsaktionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden