DIE JUSTIZ BEHANDELT WIRTSCHAFTSSCHLAWINER NOCH IMMER ZU LASCH : Haffa-Brüder kommen davon
Die beiden Haffa-Brüder waren das Trendigste, was die deutsche Wirtschaft zu bieten hatte. Ihr Medienkonzern EM.TV schien aus dem Nichts zum weltweiten Konzern – beziehungsweise zum Global Player – zu werden, wie man das damals vor drei Jahren stolz nannte. Dummerweise verwirklichten sich ihre hochfliegenden Pläne nicht, die gutgläubigen Käufer ihrer Aktien verloren ihren gesamten Einsatz. So weit war das Ganze kapitalistischer Alltag – kein Firmenchef ist verpflichtet, die Rendite zu liefern, die er verspricht.
Doch die Gebrüder Haffa waren nicht einfach heroisch gescheitert. Sie hatten das Desaster viel früher kommen sehen, als sie zugaben. Und noch während ihr Aktienkurs stieg, wussten sie bereits, dass die Pleite nur noch durch unwahrscheinliche Zufälle abzuwenden war. Statt zu warnen, beschwichtigten sie. Dass sie dafür nun für deutsche Verhältnisse hohe Geldstrafen zahlen müssen, ist zu begrüßen. Zu oft gingen und gehen deutsche Manager straffrei von dannen und lassen den Schaden mit vielen Millionen in der Tasche hinter sich. Auch EM.TV-Gründer und -Chef Thomas Haffa hat nach Berechnungen von Beobachtern nach Zahlung seiner 1,2 Millionen Euro Strafe noch an die 20 Millionen Gewinn gemacht.
Das gestrige Urteil kann also nur ein Anfang sein. Denn die langjährige Praxis der deutschen Justiz geht weiter, Wirtschaftsschlawiner im Zweifel ungeschoren davonkommen zu lassen. Vor allem im Bereich des Anlegerschutzes fehlen juristische Handhaben. Die Paragrafen sind so eng gefasst, die Beweisführung fällt den Ermittlern derart schwer, dass Urteile in den seltensten Fällen ergehen. Änderung ist kaum in Sicht – zu einflussreich sind die Profiteure dieses Zustandes. Die großen Banken etwa haben nicht nur EM.TV an die Börse gebracht, sondern auch zahlreiche andere Firmen, deren Geschäftspläne eigentlich einer genauen Prüfung nicht standgehalten hätten. So ein Börsengang bringt jedoch Millionenprovisionen, da drückten die Herren Banker beide Augen zu. Es konnte ja rechtlicherseits nichts passieren. Seit Jahrzehnten gibt es keine Regierung, die an diesem bequemen Zustand etwas geändert hätte. Und das wird so bleiben, wie es aussieht. REINER METZGER