piwik no script img

HafenquerspangeNeue Chance für den Papiertiger

Senat beschließt Südtrasse der geplanten Autobahnverbindung. Ob sie je finanziert und gebaut wird, bleibt ungewiss. Wirtschaft lobt, Öko-Verbände kritisieren.

Der Senat hat sich für die südlichste Streckenführung entschieden - und sich damit die Hafenerweiterung nach Moorburg offen gehalten. Bild: Behörde für Umwelt und Stadtentwicklung

Es ist ein neuer Anlauf. Nach dreißigjährigem Planungsvorlauf legte sich der Senat am Dienstag auf eine Trassenführung für die Hafenquerspange fest, die im Süden Hamburgs die Autobahnen A 1 und A 7 miteinander verbinden soll. Entschieden über den Bau der Querspange ist damit aber noch lange nicht. Denn die notwendigen Gelder, rund 715 Millionen Euro, muss der Bund zur Verfügung stellen.

Im nationalen Verkehrswegeplan ist das Verbindungsstück aber nicht als "dringender", sondern nur als "weiterer Bedarf" eingestuft und damit in der Warteschleife. Frühestens nach der Mai-Steuerschätzung, so weiß Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL), werde Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) entscheiden, ob die Trasse in der Prioritätenliste nach oben rückt. Im besten Fall könnte dann ab Ende 2011, Anfang 2012 ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden.

Sechs mögliche Trassenführungen hatte der Senat vor seiner Entscheidung begutachten lassen, bevor er sich für die 9,4 Kilometer lange Variante "Süd 1" - die südlichste aller diskutierten Streckenführungen - entschied. Sie führt von der Autobahnabfahrt Stillhorn am Wilhelmsburger Süden vorbei, überquert die Süderelbe auf einer 800 Meter langen und mehr als 50 Meter hohen Brücke, führt schließlich an Moorburg vorbei, um dort auf der A 1 zu münden, wo auch der Anschluss an die neue A 26 nach Stade geplant ist.

Damit ist die 2005 beantragte Nordtrasse über den Spreehafen vom Tisch, die laut Hajduk "zu viele Beeinträchtigungen für die Anwohner im Norden Wilhelmsburgs und auf der Veddel" mit sich gebracht hätte. Die Südtrasse hingegen entlaste die B 73, aber auch weite Teile von Harburg und Wilhelmsburg von LKW- und Durchgangsverkehr.

Allerdings räumt Hajduk ein, dass die nun favorisierte Südtrasse "unter ökologischen Gesichtspunkten wie dem Artenschutz Nachteile gegenüber den Alternativplanungen besitzt". Dass sieht auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) so. Vor allem im Süden von Moorburg durchschneide das strittige Verkehrsprojekt wertvolle Naturschutz-Bereiche und sei deshalb die ökologisch unverträglichste Lösung.

Gescheiterte Pläne

Historisch: Erste Pläne für eine südliche Autobahnquerung gab es bereits in den 30er Jahren. Vor dreißig Jahren wurde das Thema konkreter, eine Tunnel-Lösung unter der Elbe zerschlug sich aber.

Teuer: Die Finanzierung der Nordtrasse wurde zuletzt immer unrealistischer. Grund: Die Baukosten hätten aufgrund einer Tunnelführung in Nord-Wilhelmsburg eine Milliarde Euro verschlungen.

Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch wirft dem Senat vor, "eine ökologischere und kostengünstigere Trassenführung nördlich von Moorburg der Option einer Hafenerweiterung nach Moorburg geopfert zu haben". Die sogenannte Süd 2-Trasse wäre 30 Millionen Euro billiger gewesen, hätte aber das potenzielle Erweiterungsgebiet durchquert.

Dagegen begrüßten der Industrieverband, die Handelskammer und der Unternehmensverband Hafen die Senatsentscheidung. CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse spricht gar von einem "Neuanfang mit Perspektive". Die anderen Parteien reagierten skeptisch auf den Trassenplan. Auch GAL-Landeschefin Katharina Fegebank wies auf die "ökologische Problematik" und darauf hin, dass "Notwendigkeit, Nutzen und Realisierbarkeit der Hafenquerspange weiterhin ungeklärt" seien.

Die SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen sprach derweil von einer "unausgereiften Trassenplanung", auf die ihre Partei "zurückhaltend" reagiere. Ihr Fraktionskollege Andy Grote warf Anja Hajduk vor, vor allem "die Chance vertan" zu haben, "die Menschen in Wilhelmsburg an dem Planungsprozess zu beteiligen". Dortige Initiativen wie das Aktionsbündnis Zukunft Elbinsel lehnen die "zusätzliche Autobahn" im Hamburger Süden vehement ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • FF
    fisch fight

    der hamburger senat spinnt doch http://www.youtube.com/watch?v=nvyOGqh6wog

  • JH
    Johann Hirsch

    Warum kurz und ein wenig mehr an sozial- und umweltverträglicher Planung wenn man mal wieder richtig klotzen kann?

    Die Alternativplanung der Bi bleibt leider unbeachtet. Da kommt die Frage auf: Machen sich die Die Bürger unterstützt von Verkehrs- und Umweltexperten all die Mühe ganz umsonst? Die BSU beratungsresistent?

     

    Hirsch

  • G
    Galina

    Dass die Stadtteile in Hamburgs Süden keine große politische Lobby haben ist ja seit langem klar. Ebenso, dass mit dem Hafenausbau in Altenwerder, dem Bau der A 26, der Airbus-Erweiterung usw. die Bewahrung der Kulturlandschaft gegenüber wirtschaftlichen Interessen immer wieder zurückstehen musste. Dass aber die Grünen ihre Überzeugungen in der schwarz-grünen Koalition dermaßen verkaufen, erschüttert mich ins Mark: Steinkohlekraftwerk in Moorburg, Elbvertiefung und jetzt also tatsächlich die Planungen zur Hafenquerspange - einfach nur erschreckend!

     

    Das Profil der Partei, die ich mein Leben lang gewählt habe, ist für mich nicht mehr zu erkennen.