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Härtere Gangart gegen Junkies

■ Bonn will Substitution mit Codein unterbinden / 800 Hamburger Süchtige betroffen / Bald wieder mehr Drogentote? Von Sannah Koch

Für 800 Hamburger könnte ein politischer Vorstoß der Bundesregierung bald lebensbedrohlich werden. Die Bonner Politiker wollen in der Drogenpolitik wieder eine härtere Gangart einlegen: Sie planen, Codein-Präparate unter das Betäubungsmittelgesetz(BtmG) zu stellen. Diese Medikamente dürften dann nicht mehr von Ärzten zur Substitution verschrieben werden; den betroffenen Junkies bliebe wieder nur der Griff zur Spritze.

Schon der Weg zur legalen Verschreibung von codeinhaltigen Arzneimittel (vor allem Remedacen) war dornenreich: Noch 1991 hatte die Hamburger Ärztekammer Medizinern mit standesrechtlichen Konsequenzen gedroht, falls sie Remedacen an Junkies verschreiben sollten.

Das Medikament lindert Entzugserscheinungen und trägt zur sozialen und psychischen Stabilität der Süchtigen bei. Doch die Ärztekammer wollte die Drogensubstitution auf das Medikament Methadon beschränkt sehen, um eine bessere Kontrolle der Patienten zu erreichen.

Aber auch in Hamburg haben sich neue Erkenntnisse durchgesetzt: Inzwischen werden hier etwa 800 Abhängige mit Remedacen und weitere 1200 mit Methadon substituiert. An die Ausgabe von Methadon sind allerdings Bedingungen geknüpft: Wer keine langjährige Drogenkarriere hinter sich hat, nicht Aids-infiziert oder schwanger ist, oder wer sich nicht einer wöchentlichen Urinkontrolle unterziehen will, bekommt dieses Medikament nicht. Wer an diesen Hürden scheiterte, konnte aber bislang Remedacen erhalten.

So lernte auch Hamburgs Ärztekammer dazu. Gestern bezeichnete sie die geplante Verschärfung als „unverantwortlichen Rückschritt“. „Der Einsatz von Codein an Süchtige zur Substitution ist dringend erforderlich“, betont die Kammer in einer Presserklärung; schon jetzt seien die Kapazitäten der drei Hamburger Drogenambulanzen und der niedergelassenen Ärzte mit der Methadonbehandlung ausgeschöpft.

Auch der Senat tritt gegen die Bonner Pläne an. In einem Schreiben an den Bundesgesundheitsminister weist der Hamburger Drogenbeauftragte Horst Bossong die Verschärfung als „rechtlich nicht zulässig, nicht erforderlich, nicht sachgerecht und nicht wirksam“ zurück. Nach seiner Einschätzung könnte von den 800 Hamburger Remedacen-Patienten höchstens die Hälfte in die Methadonbehandlung aufgenommen werden. „Der Rest wird wieder zum Heroin greifen“, glaubt er. Die Folge: mehr Drogentote.

Der Vorstoß könnte von den SPD-regierten Ländern im Bundesrat blockiert werden. Doch die Mehrheit scheint bröckelig: Bremen will nicht gegen den Bonner Entwurf stimmen. Im Bundesgebiet werden mindestens 20.000 Junkies mit Codein substituiert, 3000 in Hamburg und Schleswig-Holstein, in Bremen nur eine Handvoll.

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