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Archiv-Artikel

Händewaschen kostet extra

Heute beginnt der teure FDP-Parteitag für alle Besserverdienenden

Als das FDP-Präsidium Mitte April verkündete, dass beim heute beginnenden Bundesparteitag in Bremen Eintrittspreise von 30 Euro verlangt werden würden, ging ein Lachen durch die Republik. Derart lustig ging es zuletzt bei den Liberalen zu, als ihr total ausgeflippter Bundesvorsitzender noch Interviews vor seinem total verrückten Wohnmobil gab, um zu demonstrieren, dass „besser verdienen“ einen Menschen nicht dumm und korrupt machen muss, sondern auch irgendwie total nett.

Welches Präsidiumsmitglied seinerzeit auf den wirren Gedanken kam, dass jemand dafür zahlen würde, um die Politplage Westerwelle und seinen Verein der besser krakeelenden Probe-Antisemiten auszuhalten, bleibt ein Parteigeheimnis. Die bisher plausibelste Erklärung war, dass ohne die ungewöhnliche Drohgebärde eines Eintrittsgeldes wohl kaum jemand von der liberalen Tagung in Norddeutschland erfahren hätte. So, wie niemand geglaubt hätte, dass die FDP noch mal ernsthaft für den Bundestag kandidiert, wenn sie beim letzten Mal nicht bescheidene 18 Prozent der Wählerstimmen anvisiert hätte. Die Ansicht, die FDP versuche mit hohen Eintrittsgeldern ihre neuen Sympathisanten aus dem unterprivilegierten rechtsradikalen Spektrum abzuschrecken, klang zwar nicht unlogisch, war aber unzutreffend, da das Eintrittsgeld lediglich bei Journalisten erhoben werden sollte.

Anfang Mai hatte das Spekulieren ein Ende: Das Präsidium nahm seine Pläne für die Zwangsspende offiziell zurück. Auf dem Bundesparteitag vom 16. bis 18. Mai werde man den Journalisten stattdessen „bestimmte Dienstleistungen“ gesondert in Rechnung stellen. Welche Dienste dies betreffen werde, konnte oder wollte man vor zwei Wochen nicht genau sagen. Dementsprechend groß wird die Überraschung für diejenigen sein, die an diesem Freitag die Stadthalle in Bremen betreten. Gleich beim Empfang werden Journalisten Chipkarten ausgehändigt, über die fast jeder Schritt auf dem Parteitag abgerechnet wird. So kostet die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes inklusive Fax und Internetanschluss 115 Euro pro Tag. Waren Getränke bisher gratis, werden in diesem Jahr beispielsweise sieben Euro für eine kleine Flasche Mineralwasser berechnet, während ein „Glas Bier“ bereits ab 5,50 Euro zu haben ist. Pausenbrote sollten sich diejenigen mitbringen, die weder mit leerem Magen berichten wollen noch bereit sind, 25 Euro für ein Mittagessen auszugeben.

Bereits im April hatte Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz gewarnt, die FDP sei nicht mehr in der Lage, „alle Dienstleistungen wie in der Vergangenheit unentgeltlich zur Verfügung zu stellen“. Die erbetenen 30 Euro seien als „einheitlich niedrige Pauschale“ für alle Dienste zu verstehen. Gewiss hätte sich der Protest in Grenzen gehalten, wäre damals bekannt geworden, dass jeder WC-Besuch ansonsten mit fünf Euro berechnet wird. Zuzüglich zwei Euro für diejenigen, die sich das Händewaschen mit „Waschlotion, Trockentuch und Handfön“ leisten können. Journalisten, die an allen drei Tagen aus Bremen berichten wollen, werden durchschnittlich 500 Euro dafür bezahlen müssen. Besonders für kleine Redaktionen wird dieser Parteitag wohl ausfallen.

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Liberalen, die der Bundesregierung finanzpolitisches Versagen vorwerfen und Hans Eichels Rücktritt fordern, unfähig sind, ihre eigene Partei wirtschaftlich zu führen. Mit mindestens 15 Millionen Euro ist die FDP momentan verschuldet. Und das, obwohl sie lediglich 67.000 Mitglieder hat, die nach eigenen Angaben dem vermögenden Teil der Bevölkerung zuzurechnen sind. Die Bundesrepublik hingegen hat 80 Millionen Mitglieder. Bedenkt man, dass die FDP seit ihrem Bestehen fast durchgehend Regierungspartei war, wird klar, warum dieser Staat derart verschuldet ist.

ANDRÉ PARIS