HSH NORDBANK: Aufsichtsräte im Visier
Laut Hamburger Finanzbehörde wird geprüft, ob sich Aufsichtsratsmitglieder, darunter amtierende und ehemalige Finanzminister und -senatoren, einer Pflichtverletzung schuldig gemacht haben könnten.
Auch auf Aufsichtsratsmitglieder der HSH Nordbank könnten Schadensersatzforderung zukommen. Nach Auskunft der Hamburger Finanzbehörde wird bereits seit Dezember 2009 geprüft, ob sich Aufsichtsratsmitglieder - unter ihnen amtierende und ehemalige Finanzminister und -senatoren - einer Pflichtverletzung schuldig gemacht haben könnten. Eine entsprechende Prüfung beim Vorstand der Bank hatte die Entlassung zweier Vorstände zur Folge. Die Bank bereitet Schadensersatzklagen gegen die beiden vor.
Die HSH Nordbank, die mehrheitlich den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, hat sich auf den Finanzmärkten mit riskanten Geschäften verspekuliert. Im Zuge der Finanzmarktkrise musste sie Milliarden von Euro abschreiben. Sie wurde durch wiederholte Nachschüsse der Eigentümer zum Eigenkapital und durch eine Garantie der Länder über zehn Milliarden Euro gerettet. Die Geschäftspolitik der ehemaligen Landesbank ist Gegenstand von zwei Untersuchungsausschüssen der Landesparlamente Hamburgs und Schleswig-Holsteins.
Dass jetzt untersucht wird, ob die Aufsichtsräte der Nordbank ihren Pflichten nachgekommen sind, geht auf ein Gutachten der Anwaltskanzlei Freshfields zurück. Das Gutachten hatte schwerwiegende Mängel in der Geschäftspraxis der Bank aufgedeckt und im vergangenen Jahr das Vorgehen gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der Bank ausgelöst. Die jetzige Prüfung, ob und inwieweit der Aufsichtsrat für Fehler mit verantwortlich zu machen ist, hat der jetzige Bankvorstand in Auftrag gegeben. Gut informierten Kreisen zufolge wird gegen Ende des Jahres mit einem Ergebnis gerechnet.
Als besonders kritisch gelten Kreditverkäufe und Risikoabsicherungsgeschäfte der Bank aus dem letzten Quartal des Jahres 2007. Einige davon wurden schon im Frühjahr 2008 mit großen Verlusten wieder verkauft. Beobachter wie der Obmann der Linken im Hamburger Untersuchungsausschuss, Joachim Bischoff, vermuten, dass es bei diesen Geschäften nur darum ging, die Bilanz der Bank für das Jahr 2007 zu retten. Es wäre also Geld verschleudert worden, um die Bilanz zu schönen - wenn es sich nicht sogar um eine Bilanzfälschung handelte, wie der Hamburger Anwalt Gerhard Strate vermutet. Das Verschleudern wie das Schönen könnte als Pflichtverletzung gewertet werden.
Der Abgeordnete Bischoff verweist außerdem auf die Aussage des ehemaligen Nordbank-Managers Martin Hartlaub vor dem schleswig-holsteinischen Untersuchungsausschuss. Demnach waren ausgerechnet in dem Halbjahr vor dem Beginn der Bankenkrise Mitte 2007 wichtige Positionen im Management und auch der Posten des Kapitalmarktvorstandes nicht besetzt. Durch dieses Versäumnis brachten sich Vorstand und Aufsichtsrat möglicherweise um die Chance, problematische Papiere ohne Verlust zu verkaufen.
Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank umfasst 20 Mitglieder, jeweils die Hälfte von der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite.
Aufgaben: Der Aufsichtsrat muss laut Aktiengesetz die Geschäftsführung, das heißt die Tätigkeit des Vorstands überwachen.
Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn ein Aufsichtsratsmitglied "vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln".
Versicherung: Vorstände und Aufsichtsräte wurden von der Nordbank gegen den Schaden aus Pflichtverletzungen versichert. Der gesetzliche Selbstbehalt beträgt mindestens zehn Prozent.
Besondere Verantwortung im Aufsichtsrat trug als dessen Vorsitzender der ehemalige Hamburger Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU). Er saß ebenso im Risikoausschuss wie der aktuelle Kieler Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) sowie bis 2005 dessen Vorgänger Ralf Stegner (SPD). In dessen Dienstzeit fällt die Entscheidung, den Bankern Geschäfte per Schnellankaufverfahren zu ermöglichen, die in großem Maß zu den Verlusten der Jahre 2007 und 2008 beigetragen haben.
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