HIER SPRICHT BRASILIEN : Eigentor
KAMPAGNE Fußball ist ein gutes Vehikel, um Politik zu machen. Zum Beispiel gegen Rassismus
VON NANCI ROSA
Fußball ist schön und ist auch ein gutes Vehikel, um Politik zu machen. „Racismo é gol contra! – Rassismus ist ein Eigentor!“ heißt die Kampagne, mit der wir diese WM begleiten. Wir, das ist der Renascença-Clube, ein Kulturzentrum, dass die Schwarzen im Stadtteil Andaraí im Norden von Rio de Janeiro gegründet habe, weil sie in den anderen Klubs nicht willkommen waren. Das war 1951. Seit 63 Jahren wird hier Widerstandskultur gepflegt. Es geht darum, dass wir sichtbar werden, dass wir als Teil der Gesellschaft respektiert werden.
Hier wird jedes Brasilien-Spiel übertragen, alle sind willkommen. Es macht mich glücklich, dass die Menschen hier zusammen feiern, dass die Familien beieinander sind, die Freunde, die Brüder (brothers). Das hört sich vielleicht simpel an, ist es aber nicht. Der Rassismus, über den so viel berichtet wird, wenn er in Fußballstadien zu hören ist, gehört für uns zum Alltag. Es geht um unser Selbstbewusstsein. Um die Wertschätzung der schwarzen Frauen, um ihre Schönheit. Früher existierten wir gar nicht, heute kämpfen wir darum, respektiert zu werden.
Mit Samba, aber auch mit anderer Musik, Poesie und Theater agieren wir gegen die Diskriminierung. Auch die Protestdemonstrationen sind Teil davon. Dennoch jetzt sind sie fehl am Platz. Sie hätten schon vor sieben Jahren beginnen müssen, als Brasilien den Zuschlag für diese WM bekam. Nun ist es zu spät, jetzt wollen wir Fußball sehen.
■ Die Autorin ist Kulturdirektorin des Renascença-Clube in Rio