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■ H.G. HolleinVorgefiltert

Die Frau, mit der ich lebe, findet, ich erzähle ihr zuwenig Neuigkeiten. Ich weiß nicht recht, was ich dazu sagen soll. Die meisten Ereignisse sind schließlich doch nur von ephemerer Bedeutung. Freundin E. zum Beispiel teilt mir im Verlaufe ihrer regelmäßigen Telefonanrufe immer gleich so viel mit, daß ich nach einer halben Stunde am Hörer ohnehin das meiste wieder vergessen habe. Wenn dann bei einem gemeinsamen Abendessen das Gespräch auf E.s neuen Posten im Bezirksvorstand ihrer Partei kommt, ist die Gefährtin ob der eigenen Unkenntnis über diese Entwicklung zwar unangenehm überrascht, aber so eine Amtsperiode dauert ja nicht ewig. Wozu also die Gefährtin mit Entwicklungen belasten, die den Keim ihrer Vergänglichkeit bereits in sich tragen? Und muß die Gefährtin wissen, daß U. ein Verhältnis mit S. hat, von dem noch nicht einmal U.s Freundin G. etwas weiß? Auch so etwas regelt sich früher oder später von selbst. Und doch ist die Gefährtin mitnichten dankbar, daß ich ihr die Qual einer monatelangen Mitwisserschaft erspart habe. Zugegeben, ich hätte ihr vielleicht am vergangenen Donnerstagmittag sagen sollen, daß abends ein paar meiner Kolleginnen vorbeikommen. Andererseits ist sie es, die mich bisweilen der mangelnden Spontaneität zeiht. Und als gänzlich unhaltbar muß ich den Vorwurf zurückweisen, ich betriebe der Gefährtin gegenüber eine stalinistische Informationszensur. Nichts liegt mir ferner, aber: „Wovon man nicht reden kann, davon muß man schweigen.“ So oder ähnlich wußte es schon Ludwig Wittgenstein. Und ich genieße nun einmal einfach unsere trauten Momente zweisamer Stille. Warum sollte ich die mit dem Hinweis beenden, daß die Fortbildungswoche, zu der mich die Gefährtin inoffiziell begleiten wollte, aus firmeninternen Gründen nicht in Paris, sondern in Saarbrücken stattfindet. Das merkt sie auf jeden Fall noch früh genug.

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