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■ H.G. HolleinZimmerschlacht

Das Büro, in dem ich täglich sitze, ist seit geraumer Zeit vom Umzugsfieber befallen. Im Grunde geht es um nichts Schwerwiegenderes, als daß ich mit dem Kollegen F. das Zimmer tauschen soll. Dagegen habe ich nichts. Kollege F. sitzt nämlich im ausgebauten Dachboden mit Parkett und Elbblick. Mein Zimmer hingegen zierte bisher eine speckig-grüne Auslegeware und jene gelblich-braune Patina an den Wänden, die nur ein kreativer Raucher zu erzeugen vermag. Kein Wunder, daß Kollege F. mit leichtem Widerwillen und dem Hinweis reagierte, er habe schließlich „Publikumsverkehr“. Das half ihm aber nichts. Unser Chef beschloß in einem seiner periodisch auftretenden Anfälle von Dynamik die Grundrenovierung meiner Wirkungsstätte. Seitdem ziehe ich im Hause umher wie weiland Karl der Große in seinem Reich und halte bald hier, bald da Hof. So habe ich gelernt, mit einem Minimum an Unterlagen auszukommen, was sich einerseits bei meinen Entscheidungen in einer gewissen Spontaneität, um nicht zu sagen Willkür niederschlägt, andererseits die Abwicklung meines Tagespensums erheblich beschleunigt hat. Kollege F. hingegen sitzt nach wie vor hinter seinen Aktenbergen unterm Dach und beteuert alle paar Tage, daß es im Moment „ganz ungünstig“ wäre und überhaupt. Da unser Chef ein energischer Verfechter flacher Hierarchien ist, wartet er darauf, daß F. und ich uns irgendwie ins Benehmen setzen werden. Das kann allerdings noch etwas dauern, ist es uns doch gelungen, die interkollegiale Kommunikation auf ein gegenseitig hingeknurrtes „Tag!“ einzudampfen. Es steht nur zu befürchten, daß die Geschichte über uns hinwegschreiten wird. Die übrigen Kolleginnen haben bereits begonnen, das leere Zimmer vermittels einer Kaffeemaschine und einigen Klappstühlen als Sozialraum zu besetzen.

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