HENNING BLEYL ÜBER BILANZ UND ZUKUNFT VON „MARIE ANTOINETTE“ : Risiko auf koreanisch
„Wir sind wieder eine Musicalstadt!“ Diese Worte, die Bürgermeister Jens Böhrnsen mit für ihn untypischer Emphase nach der „Marie Antoinette“-Premiere ins Mikrofon rief, klingen angesichts der gestern erstmals offiziell bekannt gegebenen Bilanzen recht zweckoptimistisch – positiv ausgedrückt.
Ähnlich wie Aktienkurse reagiert der Musicalmarkt sehr sensibel auf Stimmungslagen. Nun sind 90.000 Menschen, die den Richtweg begeistert verlassen haben – angeblich endete jede Vorstellung mit Standing ovations – in der Tat eine gute Werbung. Doch letztlich zählt für potenzielle Produzenten die Zahl ganz unten rechts in der Bilanz. Und da hat Bremen langfristig noch nie etwas Verlockendes vorzeigen können.
In der berechtigten Aufregung über das Defizit von 1,5 Millionen Euro sollte jedoch nicht untergehen, dass sie nicht einfach der öffentlichen Hand aufgebürdet werden: Sie sind ein Brocken, an dem Frey selbst bis Vertragsende zu würgen hat, mit ihm allerdings die 440 anderen Theater-Angestellten. Und für die war „Marie Antoinette“ – obwohl „nur“ hinter und nicht, wie erst geplant, auch auf der Bühne im Einsatz – bereits eine physische Grenzerfahrung.
Spannend wird nun die Nachverwertung: Gelingt der Rechteverkauf, verringert sich das Defizit deutlich. Gibt es lediglich Gastspiele, wieder ein Millionenprojekt, bedeutet das: Dasselbe Risiko noch einmal – auf koreanisch. Das aber kann sich das Theater keinesfalls leisten.