HEIDE OESTREICH ÜBER DIE NEUE FRAUENQUOTE IN DEN NIEDERLANDEN : Unästhetisch, aber unverzichtbar
Nach Norwegen und Spanien haben nun auch die Niederlande eine Frauenquote für Aufsichtsräte eingeführt. Aus deutscher Sicht wirkt das abenteuerlich. Hierzulande darf der Staat in die Wirtschaft nur zur Wahrung allerhöchster Ziele eingreifen. Zu einem solchen Ziel konnte sich gerade mal die Gefährdung unserer Lebensgrundlagen mausern, was Atomausstieg oder Umweltplaketten rechtfertigte. Die Gleichstellung von Frauen – obgleich im Grundgesetz anvisiert – hat es nie zu diesem Status gebracht.
Im Gegenteil, es wird davon ausgegangen, die Mehrzahl der Frauen pflege in dieser Hinsicht ohnehin keine Ambitionen. Dass viele ein solches Ansinnen gar nicht erst zulassen, weil es schnurstracks in Rollenkonflikte führt, gilt im Zeitalter der Superweiber nicht mehr als Argument: Wer es nicht schafft, ist selbst schuld.
Spricht in der Politik noch für die Quote, dass neben Quotenbayern und -hessen eben irgendwie auch Frauen repräsentiert sein müssen, so scheint das Demokratie-Argument in der Wirtschaft keine Gültigkeit zu haben. Da konnte die Frauen- und Männerforschung noch so oft zeigen, wie Eliten sich durch das Mystifizieren angeblich männlicher Eigenschaften zum Männerbund verfestigen, der mit einer Mauer von Vorurteilen gegen Frauen gesichert ist. Allerdings bohren die ForscherInnen seit geraumer Zeit mit ihren Faktenbohrern Löcher in diesen Wall: Wenn gemischte Führungsteams generell besser arbeiten als homogene, dann kommt so mancher Chef doch ins Grübeln.
Solche Zahlen könnten der Politik weitere Argumente liefern, die ein Quotengesetz rechtfertigen. Die Quote ist unästhetisch, aber sie ist die einzige Leiter, mit der eine größere Zahl von hochqualifizierten Frauen über den Wall der Stereotype klettern kann. Mit den Niederlanden hat nun ein weiteres Land entschieden, Geschlechterdemokratie so hoch zu bewerten, dass sie Gesetze für die Wirtschaft rechtfertigt. Das schwarz-gelbe Deutschland ist davon Lichtjahre entfernt.