■ HBV-Chef gibt nach: Keine Unvereinbarkeit
Der Entschluß des Berliner HBV-Vorsitzenden Manfred Müller, den Gewerkschaftsvorsitz nach seiner Nominierung für die PDS ruhen zu lassen, erfolgte bemerkenswert schnell. Daran mag nicht zuletzt der Druck der Medien schuld sein, der sich über Umwege bis hinein in die Gewerkschaftsspitze fortsetzte. Ungewollt setzt Müller mit seinem Schritt jenes Zeichen, das die berichtende Öffentlichkeit in unterschiedlichen Nuancen seit zwei Wochen gefordert hatte: Einem Spitzenfunktionär der Gewerkschaft verbiete es sich, für die Ex-SED-Genossen künftig Politik zu machen.
So wurde – indirekt – jener Unvereinbarkeitsbeschluß herbeigeschrieben, der in den Statuten der Gewerkschaft bislang fehlt. Die aufgeregten Stimmen der letzten Wochen beweisen nur, wie wenig manche die neuen Realitäten in Ostberlin und Brandenburg begreifen wollen. Die im Kalten Krieg durchgesetzte Hegemonie der Sozialdemokraten in den Gewerkschaften bröckelt. Daß die Interessenvertretungen durch die Kandidatur eines PDS-Sympathisanten zum Transmissionsriemen postkommunistischer Ideologie verkommen, mag sich trefflich für vorgezogene Wahlkämpfe eignen. Die PDS ist jedoch eine Kraft, die im Osten noch lange wirken wird. Auch die Gewerkschaften werden nicht verhindern können, daß Funktionäre links von der SPD ihr Mandat mit einer politischen Kandidatur außerhalb der Organisation verbinden werden. Severin Weiland
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