HANIJA NENNT BEDINGUNGEN FÜR ANERKENNUNG ISRAELS DURCH DIE HAMAS : Pragmatismus auf Zeit
Es scheint, als habe der künftige palästinensische Premierminister von der Hamas, Ismail Hanije, ein bis zwei Lektionen vom verstorbenen Palästinenserpräsidenten gelernt. Jassir Arafat wusste die internationalen Medien zu beeindrucken, als er von einem „Frieden der Mutigen“ sprach. Für das westliche Publikum spielte es dabei keine Rolle, dass er – kaum wieder zu Hause – die „Märtyrer“ zum heiligen Krieg und zur Befreiung Jerusalems, der „Hauptstadt Palästinas“, mobilisierte. Selbst in Israel hörte man gern weg, wenn Arafat auf Arabisch sprach, um die erreichten Abkommen und die Hoffnung auf weitere nicht zu verlieren.
Ähnlich doppelzüngig buhlt nun Hanije um Gunst und Geld der Amerikaner und sagt Dinge, die weder die israelische Führung noch die meisten seiner Wähler wohl von ihm erwartet hätten. In seinen Interviews mit zwei führenden US-amerikanischen Blättern spricht er nicht nur von einem langfristigen Gewaltverzicht, sondern von Verhandlungen und sogar einer möglichen Anerkennung Israels. Damit widerspricht er allerdings dem Programm seiner Bewegung, die unverändert die Zerstörung Israels zum Ziel hat.
Das ist im Nahen Osten zwar nicht Neues. Schon die Fatah brauchte schließlich fast zehn Jahre, um jene Paragrafen in ihrer Charta zu annullieren, die zum Kampf gegen den Judenstaat aufriefen – und das, obwohl die PLO Israel bereits 1988 anerkannt hatte. Doch dass Hanije seine Positionen nun über Nacht verändert, ist genauso unwahrscheinlich wie eine Genesung des seit Wochen im Koma liegenden israelischen Premiers Ariel Scharon. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, die Hamas werde ihrem Kampf jemals abschwören: Jede Waffenpause gilt den Islamisten lediglich dem Kräftesammeln für den großen Tag.
Hinter Hanijes verändertem Tonfall stecken aktuelle Interessen. Die Hamas wird die Waffen ruhen lassen, solange es sich für sie lohnt. Aber vielleicht ist genau das eine Basis für die kommenden vier Jahren, in denen ein Frieden unerreichbar scheint: Die Interessen befriedigen, um zumindest eine Eskalation zu vermeiden. SUSANNE KNAUL