HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER : Leergut-Apokalypse
Gestern war es auch schon so. Apokalyptisch stehen Menschen vor dem Leergutautomaten. Hinter ihnen schieben junge Männer und Frauen in weißen Kitteln Hubwagen herbei, sie stellen unausgepackte Ware vor Regale und sehen zu, dass sie wegkommen. Kunden wenden sich von leeren Regalen zu den Cellophan-umwickelten Hubwagen, klauben lustlos und gucken verwirrt.
Inzwischen sind in der Schlange vor dem Leergutautomaten die Worte geschlüpft: ein Mann mit zwei Bierdosen in der Hand weist eine Frau zurecht, die vor ihm am Automaten steht, mit fünf Müllsäcken voll zusammengedrücktem Pfandmaterials. Man kann doch so was nicht vor Feierabend machen! Da kann man doch mal vorher sein Leergut zum Laden bringen!
Der Mann mit Bierdosen nimmt an, die Frau sei Hausfrau. Die Frau lässt ihn nicht vor. Ein junger Mann mit weißem Kittel stellt sich schützend neben sie. So muss er sich zumindest nicht mit den Cellophan-umwickelten Warenbahren beschäftigen.
Heute Nacht, wenn die Eingangstüren die Kunden von der Ware trennen, werden die jungen Angestellten des innenstädtischen Supermarkts vielleicht überlegen, wie sie der Belagerung standhalten. Vielleicht tun sie’s einfach den drei anderen Supermärkten des Viertels nach – und schließen spontan zur Komplettrenovierung.