HAMBURGER SZENE VON KLAUS IRLER : Drei Flaschen leer
Früher hatten nur Geschäftsleute im Außendienst ein Navigationsgerät, heute fahren Rentner damit zum Hallenbad um die Ecke. Orientierung hat Konjunktur, und das Internet ist voll von Testberichten, die die technischen Daten jedes Toasters vergleichbar machen. Tageszeitungen schreiben nicht mehr, was gestern war, sondern was morgen sein wird. Die Orientierung boomt und interessant wird es, wenn es die Orientierung von der Medienwelt ins wirkliche Leben schafft.
Wie an jenem Samstag Vormittag in Eimsbüttel. Drei Altglas-Container gibt es an dieser Straßenecke, einen für Weiß-, einen für Braun- und einen für Grünglas. Ein unbekannter Altglas-Entsorger hat über den Einwurflöchern Flaschen postiert: Eine weiße Weinflasche beim Weißglas, eine braune Weinflasche beim Braunglas, eine grüne Weinflasche beim Grünglas. Ich brauchte einen Moment, um den Sinn des Arrangements zu deuten. Dann warf ich ein. Erfreut über die Orientierungshilfe.
Ich hätte gerne als Zeichen der Dankbarkeit drei volle Flaschen neben die drei leeren gestellt. Das tat ich aber nicht. Statt dessen kam ich zwei Wochen später zum Container und vermisste die Orientierungshilfe. Ich fütterte prompt den Grünglas-Container fälschlich mit Braunglas. Danach stellt ich drei Flaschen auf. Eine weiße, eine grüne und eine braune.